Gemälde: Brustporträt von Johann Joachim Brunnschweiler-Brüschweiler (1759–1830), Besitzer der Türkischrotfärberei in Hauptwil

zurück

Bildnis im Viertelprofil, nach recht gewandt und mit Blickkontakt zum Betrachtenden, in schwarzem, über der Brust vermutlich wattiertem zugeknöpftem Gehrock mit breitem umgelegtem Kragen und Revers sowie darunter liegender dunkler Weste. Um den weissen aufgestellten Hemdkragen gebundene Halsbinde, die im Brustschlitz in Rüschen endet. Brunnschweiler trägt das dunkle ergrauende länger geschnittene Haar zurückgekämmt und locker frisiert – womöglich in Anlehnung an den Tituskopf, der damals in Mode war – sowie mit Koteletten und ansatzweise Backenbart. Erkennbar ist ein Bartwuchs am Kinn, oberhalb der Lippen und im unteren Backenbereich. Der Hintergrund ist in grauen und ockerfarbenen Tönen meliert gemalt, wobei sich die Konturen der rechten Körperseite des Porträtierten von einer Lichtquelle hinter ihm abheben. Hell beleuchtet ist das Gesicht von Brunnschweiler, ganz besonders seine rechte Geheimratsecke.

Vergoldeter Rahmen aus der Zeit, mit Hohlkehle zwischen flachen Kanten, symmetrisch gestalteten reliefierten Ecken mit Muscheln, Blattranken und Rosetten sowie profilierter Innenkante mit geflammter Leiste.
Hauptwil war ab der zweiten Hälfte des 16. Jhs. ein bedeutender Standort der frühen Leinwandindustrie. Um 1786 stieg dort die Familie Brunnschweiler erfolgreich ins Textilgeschäft ein und zog eine florierende Baumwollfärberei auf, die über fünf Generationen bis 1984 geführt wurde. Dabei kam den Fabrikanten Brunnschweiler die hervorragende Infrastruktur (Fabrikationsgebäude, Kosthäuser, Landwirtschaft, Strassen) zugute, welche die Industriellenfamilie Gonzenbach aufgebaut hatte und ab 1807 nach und nach veräusserte. Begründer des Unternehmens war Johann Joachim Brunnschweiler (1759–1830), der die Liegenschaften für seine Fabrikation von der Familie Gonzenbach pachtete und ab 1812 eine Anlage nach der anderen erwarb. Auch sein Bruder Enoch (1760–1834) Brunnschweiler war in Hauptwil im Textilgeschäft tätig, zu Beginn waren die Brüder Geschäftspartner. Als Baumwollhändler beschäftigte Enoch Brunnschweiler Lohnweber in der Heimindustrie und richtete 1810 in Sorntal eine Weberei und später eine Spinnerei ein.
1802 heiratete Johann Joachim Brunnschweiler in zweiter Ehe Anna Brüschweiler (1781–1854), die in den folgenden Jahren 14 Kinder zur Welt brachte. Nach dem Tod ihres Gatten 1830 führte sie zusammen mit den Söhnen Jakob, Emanuel und Arnold unter dem Namen «J. J. Brunnschweiler's sel. Wittwe» die Färberei weiter.
Erfolgreich war die Firma wegen ihrer Rezeptur der Farbe Rot (Türkischrot), welche eine lebhaft leuchtende, gleichmässig gefärbte Baumwolle ermöglichte, wofür 30 bis 40 Teilschritte notwendig waren.

Die Familie Brunnschweiler hinterliess Spuren in Hauptwil. So besetzte sie über Generationen entscheidende Positionen in der Gemeindeverwaltung und war grösster Liegenschafts- und Bodenbesitzer. Zudem führte die erste Generation unter Johann Joachim Brunnschweiler den Pietismus in Hauptwil ein, dessen Gemeinde in der Region über die Jahrzehnte wuchs und um 1875 ihren Höhepunkt erreichte, wobei das Neue (Obere) Schloss in Hauptwil zum Zentrum der Gemeinschaft wurde. Die Freikirche gehört seit 1925 zum Bund der Freien Evangelischen Gemeinden der Schweiz.

Der Familienname kennt einige Varianten: Brunschweiler, Brunschwiler, Brünschwiler und Brüschwyler. Die Hauptwiler Linie legte die Version Brunnschweiler im 19. Jh. fest.
Das Gemälde war bis 2002 im Besitz der Nachkommen des Porträtierten. Es handelt sich um das linke Stück zweier Porträt-Pendants mit einem sich zugewandtem Paar und gehört zum Bildnis mit Anna Brunnschweiler-Brüschweiler (Inv. Nr. T 28194).
um 1810
H. 74, B. 62, T. 7 cm
Öl auf Leinwand; Holzleistenrahmen, gestuckt, vergoldet
T 28193
André Salathé, Brunschweiler, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom vom 26.08.2004. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/025064/2004-08-26/, aufgerufen am 20.04.2025.

André Salathé, Johann Joachim Brunschweiler, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom vom 26.08.2004. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/029340/2004-08-26/, aufgerufen am 20.04.2025.

Ernest Menolfi, Hauptwil-Gottshaus, Frauenfeld 2011, S. 227–244.

Stefan Keller, Spuren der Arbeit, Weinfelden 2020, S. 12–13.
Schlagwörter: Malerei, Porträt, Hauswirtschaft, Industrie, Textilien