Geschütz: Sechspfündige Kanone, 1834 von Louis Napoléon Bonaparte (1808–1873) dem Kanton Thurgau geschenkt, ab 1851 für die Thurgauer Artillerie im Einsatz

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Bronzerohr mit Zierrille nach der Mündungsfläche. Hals etwas konisch mit kleinem Korn. Gewulstetes Halsband, auf dem langen Feld oben Kartusche mit der gravierten Angabe «No. 1». Über dem Zapfenfeld achtkantiges gewinkeltes Henkelpaar. Walzenförmige Schildzapfen. Ein Schildzapfen mit der geschlagenen Jahreszahl «1844», darüber kleines geschlagenes Schweizerwappen (eidg. Abnahmezeichen). Auf dem Bodenfeld grosse Kartusche mit gravierter Beschriftung auf fein punziertem Grund: «NAPOLEON / LOUIS BONAPARTE / DEM / CANTON THURGAU / 1834». Zündloch beim Bodenstück mit Kupfer ummantelt. Auf dem flachen Bodengesims eine einfache eingesetzte Visiervorrichtung (Kerbvisier). Leicht gewölbter Stossboden mit einem kleinen verschraubten Reinigungsstollen. Kugelige Handhabe

Grün bemalte Holzlafette. Vierkantiger konischer Lafettenbaum. Im vorderen Bereich mit seitlich aufgesetzten kurzen Wänden. Lafette in weisser Farbe beschriftet «THURGAU». Am Lafettenende verschraubter Richthebel. Auf Bronzebasis montierte Richtspindel.
Von der Mündungsseite her bedienbare Radbremse mit Kurbel.
Massiver Eisenradschuh an langer massiver Kette, seitlich an der Lafette aufgehängt.
Der Vorderteil der Lafette ruht auf einer vierkantigen Achse, an die seitlich grosse Räder mit zwölf Speichen montiert wurden.
Auf der linken Seite der Lafette über der Achse ein kleiner Kasten für Munition und Zubehör montiert, Scharnierdeckel mit Eisenblech beschlagen, restliche Garnitur ebenfalls aus Eisen. Innen mit Holzfächern für Pulverkartuschen. Lafette mit vermutlich ursprünglich geschwärzten Eisenbeschlägen. Unter der Lafette zwei massive kurze Stangen zum Richten der Kanone (Richtstangen). Lafette mit diversen Haken und Befestigungsvorrichtungen für Zubehör wie Putzstöcke, Pulverkübel
Der Kanton Thurgau wurde per Bundesgesetz vom 27. August 1851 zur Stellung einer aus vier Geschützen bestehenden Sechspfünderbatterie verpflichtet. Lange Zeit tat sich der Kanton schwer, ein Artilleriecorps aufzubauen, weil man die hohen Kosten scheute. Seit 1817, der Annahme des grundlegenden eidgenössischen Militärreglements, waren alle Versuche des eidgenössischen Kriegsrats und der Tagsatzung, dem Thurgau eine Batterie zuzuteilen, am hartnäckigen Widerstand der thurgauischen Behörden gescheitert. Auch die beiden «Napoleonkanonen» von 1834 trugen nicht, wie vom Spender erhofft, zu einem Gesinnungswandel bei, weshalb Louis Napoléon im Kanton Bern vorstellig wurde, um als Artillerieoffizier Dienst leisten und praktische Erfahrung sammeln zu können. Die Berner Regierung ernannte ihn denn auch ehrenhalber zum Artilleriehauptmann.
Geprüft wurden die beiden Geschütze 1844, wobei die eidgenössische Kontrollinstanz auf den Schildzapfen Abnahmestempel einschlug. Denn bereits 1844/45 lagen detaillierte Pläne zur Bildung einer Batterie vor, die aber nicht umgesetzt wurden. Im Sonderbundskrieg 1847 kamen die beiden Kanonen im ad hoc gebildeten Artilleriefreicorps zum Einsatz. Nach 1851 waren sie Teil der Thurgauer Batterie.
Königliche Kanonengiesserei, Strassburg
um 1834
H. 142, B. 180, L. 346 cm; Kanonenrohr L. 180 cm
Bronze, gegossen; Holz, beschichtet; Leder
T 41213.0
Napoléon-Louis Bonaparte, Manuel d’Artillerie à l’Usage des Officiers d’Artillerie de la République Helvetique, Zürich/Strassburg/Paris 1836. https://www.e-rara.ch/zut/content/zoom/10161137, aufgerufen am 18.07.2023.


Albert W. Schoop, Geschichte der Thurgauer Miliz, Frauenfeld 1948, S. 175, 182.

Die Kanonen des Prinzen Napoleon, in: Thurgauer Zeitung vom 2. Juli 1949.
Schlagwörter: Militaria, Waffen