Gewehr der Frauenfelder Kadetten, Gradzugverschluss für Einzelladung, nach dem eidgenössischen Modell 1897

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Runder brünierter Lauf mit drei Zügen, Verschluss mit Drehhülsen und vorne liegenden Verriegelungswarzen, Riegelschieber mit rotbraunem Riegelgriff aus Bakelit, Quadrantenvisier für Stellung von 200 bis 400 m auf rechter Visierbacke für Patronen der Kadetten und von 300 bis 1200 m für Patronen der eidg. Truppen, im Schwalbenschwanz eingeschobenes Dachkorn auf quer zum Lauf eingeschobenem Kornträger, Oberband mit Klemmschraube rechts, Stift links sowie Bajonetthaft unten, Pyramidenstift (für die Formierung einer Gewehrpyramide während der Pause), Unterband mit Klemmschraube rechts sowie Federhalterung und Riemenbügel unten. Runder angeschraubter Bügel, angeschraubtes, mit zwei Rippen (Griffoptimierung) versehenes Bügelblatt, hinterer geschraubter Riemenbügel an angeschraubtem Montageband, leicht geschwungener Kolbenabschluss mit angeschraubter Kolbenkappe. Vollschäftung mit Handschutz und Kolbennase. Laufdeckel aus Messing Modell 1892/1894, daran eiserne Feder mit Kornschutzkappe mit Haftbügel.
Lederner Tragriemen mit je einem Doppelniet-Knopf aus Messing vorne und hinten, vorne mit zwei Knopflöchern zum Verstellen der Riemenlänge.

Schläge: Waffennummer «5498» je auf Lauf, Verschluss und Verschlusshülse. Schweizerkreuz (Einschiessstempel) je auf Lauf, Verschlusshülse, Schlagbolzen, Visierblatt, Kornträger, Unterband, Abschlussband vom Handschutz, Griffansatz vom Riegelschieber, Bügel, Montageband von hinterem Riemenbügel, Kolbenkappe und Hülse vom Laufdeckel. Je zwei Mal auf Verschluss und Oberband. Auf Kolben Stempel der eidg. Waffenkontrolle in Form von Schweizerkreuz im Schild.

Munition: 90, 90/03, 90/23
Kaliber: 7.5 mm
Die 1871 gegründete Waffenfabrik Bern (W+F) stellte Faust- und Handfeuerwaffen her und war dem Militärdepartement unterstellt. 1999 erfolgte die Namensänderung in RUAG (Rüstungsunternehmen-Aktiengesellschaft). Ab 1893 entwickelten die RUAG und die Schweizerische Industrie-Gesellschaft (SIG) in Neuhausen (SH) Prototypen für ein neues Kadettengewehr, da der Vorrat an Exemplaren vom Modell von 1870 zur Neige ging. Die Militärkommission wählte aus den sieben vorgeschlagenen Waffentypen eine Vorlage aus, die von der Eidgenössischen Waffenfabrik Bern entwickelt wurde und dem Repetiergewehr des Modells 1889 entsprach. 1897 erfolgte der Beschluss zur Einführung der Kadettenwaffe durch die Bundesversammlung und 1898 erteilte der Bundesrat die Genehmigung zum Projekt. Die Produktionskosten übernahm der Bund zu 40 %, für den restlichen Betrag kamen die Kantone und die Gemeinden auf. Das Kadettenkorps in Frauenfeld wurde mit 250 Exemplaren ausgerüstet. Zu dieser Bestellung gehört auch das vorliegende Gewehr, das gemäss seiner Waffennummer dem Kunden 1901 abgeliefert wurde. Einzelne Exemplare waren bis 1970 im Einsatz.

Kadettenkorps sind die ältesten Kinder- und Jugendverbände der Schweiz und entstanden im 18. Jh. Sie hatten zum Ziel, 10- bis 15-jährige Knaben mit Waffenübungen, Marschtraining, Patrouillenläufen, Paraden und Manövern auf den Armeedienst vorzubereiten. Bis 1972 unterstützte der Bund finanziell das Kadettenwesen.
Die Ausbildung der Thurgauer Kadetten erfolgte an der 1853 gegründeten Kantonsschule Frauenfeld, wo ein von der Regierung gewählter Kadettenchef die Schüler unterrichtete. Allmählich entwickelte sich der militärische Drill hin zur sportlichen Ertüchtigung. Der obligatorische Schiessunterricht für Kadetten blieb bis 1970 bestehen.
Eidgenössische Waffenfabrik Bern (W+F), heutige RUAG, gegründet 1871 in Bern
ab 1901
L. 110.5 cm, Lauf L. 59.2 cm
Stahl, brüniert; Eisen; Messing; Nussbaumholz; Leder
T 40504
Anleitung zur Kenntnis und Behandlung des Schweizerischen Kadetten-Gewehrs Mod. 1897, (Bundesratsbeschluss vom 27. Dezember 1898), Bern 1899.

Kurt Sallaz, Michael am Rhyn, Handfeuerwaffen Gradzug-Systeme (Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, Bd. 4), Dietikon-Zürich 1978, S. 30–31, 57.

Ernst Grenacher, Schweizer Militärgewehre Hinterladung 1860–1990, 2015, S. 301, 385–403.
Schlagwörter: Militaria, Bildungswesen, Sport, Waffen, Industrie