Glasmalerei: Bildscheibe mit Darstellung der Maria Verkündigung und den Allegorien Sapientia (Weisheit) mit ihren Töchtern Fides (Glaube), Spes (Hoffnung) und Caritas (Liebe) sowie der Stifterin Sophia vom Grüth (von Greuth), Äbtissin in Tänikon bei Aadorf (1548–1579), gestiftet für den Kreuzgang vom Zisterzienserinnenkloster Tänikon bei Aadorf, aus der Glasgemäldesammlung der Familie Bachmann, Besitzerin von Schloss Frauenfeld

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Vitrocentre Romont
Vitrocentre Romont

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Im Vordergrund kniet die Äbtissin Sophia vom Grüth neben ihrem Wappen.

Im Oberbild sprengt in einer Hügellandschaft von beiden Seiten je ein wilder Mann zu Pferd heran, der eine mit einem Pfeil, der andere mit einem Baumstamm bewaffnet.
In der Mitte des unteren Randes befinden sich Flickstücke anstelle der originalen Schriftrolle mit dem Stifternamen (ein Teil davon unter dem Fuss Gabriels noch vorhanden). Auch ein Flickstück ist das Halbrund mit einem Teil des Wappens vom Grüth, gerahmt von Umschrift: «[Gr]üt Der Zit Verwalterin Des Gotzhus Daeniken».

Als Vorlage für die Verkündigungsszene diente ein Holzschnitt aus Albrecht Dürers?«Marienleben».
Sophia vom Grüth (gest. 1579), Tochter des Zürcher Ratschreibers und Gegner Zwinglis Joachim Grüth (von Greuth, gest. 1527) und der Veronika Schwarzmurer aus Zug, war Klosterfrau in Magdenau und wurde von den katholischen Orten 1548 als Schaffnerin zur Wiederherstellung des Klosters nach Tänikon berufen.
Unter ihrer erfolgreichen Regentschaft wurden der Konvent erneuert und die Klosterbauten saniert.

1549 bat der Abt von Kreuzlingen, Georg von Tschudi, an der Tagsatzung um Fensterschenkungen der Stände für sein neu erbautes Abtshaus im Klosterbezirk. Vielleicht war die vorliegende Scheibe der Tänikoner Verwalterin ebenfalls für das Haus des Abts Tschudi bestimmt.

Die Glasmalerei war an einem der rundbogigen Doppelfenster des Kreuzgangs im Zisterzienserinnenkloster Tänikon angebracht. Je fünf Doppelfenster (mit je zwei Scheiben) befanden sich an der West- und Ostseite des Kreuzgangs sowie je sechs an der Nord- und Südseite, total dürften es 44 Glasgemälde gewesen sein, die den Kreuzgang schmückten.
1832 verkaufte die Äbtissin des Klosters Tänikon, Maria Rutz, die Scheibe dem Sammler Johann Nikolaus Vincent in Konstanz. Dieser trug in den Jahren von 1816 bis 1865 eine stattliche Anzahl Glasmalereien zusammen, die 1891 von seinen Erben versteigert wurden. Das Kölner Auktionshaus Lempertz erwarb damals die Scheibe. Später gelangte sie zum Sammler Jakob Bachmann (1843–1915), dem Besitzer von Schloss Frauenfeld.
Bluntschli, Niklaus (vor 1525–1605), Glasmaler
wohl 1558
H. 32.8, B. 52 cm; Lichtmass: H. 29.7, B. 48.5 cm
Farbloses und farbiges Glas; rotes Überfangglas mit rückseitigem sowie blaues und rosa Glas mit vorderseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot und blauer Schmelzfarbe
T 6453
https://vitrosearch.ch/de/objects/2655687, aufgerufen am 17.01.2022.

Sarah Keller, Ex situ – Die Sammlung Vincent und ihre Glasgemälde aus dem Thurgau, Licht- und Farbenzauber, Glasmalerei im Thurgau (Denkmalpflege im Thurgau, Bd. 23), 2022, S. 57–67.

Michael Mente, Bares für Rares – Die letzte Äbtissin des Klosters Tänikon, Ebd. S. 69–77.

Silvia Volkart, Ruedi Elser, Die Glasgemälde im Kreuzgang des Klosters Tänikon – Bilderkatalog, Ebd. S. 79–115.
Schlagwörter: Kunsthandwerk, Brauchtum, Kloster, Heraldik, Porträt, Allegorie, Religion