Grafik: Hl. Bruno warnt den Grafen Roger von Kalabrien, Szene aus der Heiligenvita

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Querformatiges Blatt mit Illustration aus dem Buch «Annus dierum sanctorum» (Jahrbuch der Tagesheiligen). Im Vordergrund ein Krieger, womöglich Roger I. im Harnisch mit Speer, links neben ihm das Zeltlager, wovon das vorderste Zelt geöffnet ist. Darin liegt ein Mann am Boden. Eine sich hinter dem Zelt befindende, halb verdeckte Figur weist mit einem Schwert auf ihn. Womöglich handelt es sich beim Mann im Zelt um den Verräter. Im Hintergrund die Stadtmauer von Capua, die erstürmt wird. Über der Szene sitzt der hl. Bruno mit seinem Attribut, dem Totenkopf, auf einer Wolke und zeigt mit seinem rechten Zeigefinger auf die Kampfszene.

Über der Darstellung links die Angabe des Namenstags «6. Octob.» (= Todestag von Bruno) und rechts «S. Bruno». Dazwischen das Motto der Szene aus dem Buch der Sprichwörter, 10, 3 «Insidias impiorum subvertet. Prov. 10.» (die Gier der Frevler stösst er zurück). Teil von Spr 10,3.

Links unten die Angabe der Hersteller «C. P. S. C. M», die Abkürzung von «Cum Privilegio Sacrae Caesareae Majestatis» (Mit dem Privileg Seiner Heiligen Kaiserlichen Majestät).
Die Darstellung zeigt eine Szene der 40-tägigen Belagerung der Stadt Capua in Süditalien 1098 durch den normannischen Grafen Roger I. (1031–1101) von Sizilien. Gemäss der Heiligenvita warnte Bruno den Grafen vor einem bestechlichen Getreuen und verhalf ihm dadurch zum Sieg. Der Graf unterstützte daraufhin Bruno beim Bau der Kartäuserklöster in Kalabrien.

Der hl. Bruno (um 1031–1101) studierte in Köln. 1057 übernahm er die Leitung der Domschule in Reims und 1075 das Kanzleramt des Erzbistums. Konflikte mit dem Erzbischof führten zu seiner Flucht und zum Eintritt ins Benediktinerkloster Molesme, wo er in strenger Askese lebte. 1084 zog er mit sechs Gefährten in die Nähe von Grenoble und erbaute dort das erste Kartäuserkloster La Grande Chartreuse (FRA). Einzelzellen, Schweigegebot, Verständigung durch Zeichen und Zusammenkunft zu nächtlicher Stunde gehörten zu den Ordensregeln. Die Beschäftigung der Mönche bestand aus Beten sowie körperlicher und geistiger Arbeit, wie das Abschreiben von Büchern. 1089 zog Bruno nach Rom und übernahm ein Berateramt beim Papst. 1091 gründete er in Kalabrien die Kartäuserklöster Sta. Maria dell'Eremo und kurz darauf S. Stefano del Bosco unter der Schutzmacht von Maria. Der Kartäuserorden wurde 1176 von Papst Alexander III. anerkannt. Heilig gesprochen wurde Bruno 1623.

Der Maler und Kupferstecher Gottfried Bernhard Göz (1708–1774) unterhielt zusammen mit den Brüdern Joseph Sebastian (1710–1768) und Johannes Baptist (1712–1787) Klauber bis 1741 einen gemeinsamen Verlag in Augsburg. Die dort herausgegebenen Kupferstiche tragen die Signatur «Göz et Klauber». Ihr Werk «Annus dierum sanctorum», das die Namens- oder Gedenktage der christlichen Heiligen zum Gegenstand hat, wurde um 1740 herausgegeben. Jeder einzelne Tag im Jahr ist einer hl. Person gewidmet und zeigt ein charakteristisches Geschehen aus deren Leben. Der Band enthält 393 Kupferstiche, wobei meist zwei Stiche übereinander auf eine Recto-Seite geklebt sind.

Der Kunstverlag Klauber wurde zum führenden europäischen Hersteller für «Kleine Andachtsbilder». Die Kirche schätzte und förderte das katholische Unternehmen, weshalb die Brüder Klauber zu den kurpfälzischen, fürstbischöflich Augsburgischen und fürstäbtlich Kemptischen Hofkupferstechern erhoben wurden. Zu den Eigenheiten ihrer Blätter gehörte eine üppige und detaillierte Bebilderung. Verschiedene Räume mit Szenen, gerahmt von Rocaillen und mit Bildunter- oder -überschrift versehen, sind typische Bestandteile der religiösen Darstellungen, die der Klauberverlag veröffentlichte.
Augsburg entwickelte sich im 18. Jh. zur wichtigsten Metropole des Kupferstichs. Zum Schutz vor unerlaubtem Nachdruck wurde den Augsburger Kupferstechern das kaiserliche Druckprivileg erteilt und ihre Werke mit dem Kürzel «C. P. S. C. M» versehen.
Klauber und Göz (1737–1741), katholischer Bilderverlag in Augsburg
um 1740
H. 9.5, B. 15 cm, Blatt H. 15.4, B. 19 cm
Kupferstich auf Büttenpapier
T 7167
Bilder und Bildchen des heiligen Bruno, Katalog der Ausstellung im Ittinger Museum, 1984, S. 12, Nr. 35.

Götz, Gottfried Bernhard, Annus dierum Sanctorum, https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11255823?page=5, aufgerufen am 06.10.2023.
Schlagwörter: Druckgrafik, Bücher, Kunsthandwerk, Hauswirtschaft, Religion katholisch, Brauchtum, Geschichte, Ereignis