Grafik: Kartäuser-Madonna mit Johannes dem Täufer und dem hl. Bruno, Darstellung einer Mondsichel- und Schutzmantelmadonna in einer Architektur

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Im Zentrum die bekrönte Mondsichelmadonna im Strahlenkranz mit Zepter in ihrer linken Hand und Jesus Christus auf ihrem rechten Arm, der einen Apfel hält. Sie steht auf der Mondsichel, auf welcher ein gefaltetes Stück ihres unten mit Pelz verbrämten Kleides liegt. Links von ihr im Profil Johannes der Täufer mit seinem Attribut, dem auf der Bibel liegenden Lamm Gottes mit Siegesfahne, dem Symbol für Jesus Christus. Rechts der Maria wiederum im Profil der Ordensgründer der Kartäuser, der hl. Bruno, in der Kleidung des Kartäusers und mit einem Buch in seiner Rechten, worauf «S. BRUNO» steht. Das Buch zeichnet ihn als Ordensstifter aus. Die beiden Heiligen raffen je mit einer Hand Marias Mantel, worunter 13 Kartäuser abgebildet sind, die auf den Knien beten. Ein Kartäusermönch liegt unter der Mondsichel auf dem Bauch und betet einen Rosenkranz.
Im Rundbogen oben die Datierung «1515». In den Zwickeln ranken Weinreben, Symbol für das Blut Christi bzw. das Abendmahl mit dem konsekrierten Wein.
Zu ihren Füssen eine Sockelleiste mit einem Abtsstab und einer Mitra. Es sind die Attribute vom hl. Bruno, mit denen sein Verzicht auf die Bischofswürde symbolisiert wird.

Der Druck hat keine Signatur, jedoch ein Wasserzeichen in Form eines Doppelkreuzes links von der Madonna neben ihrem Kleid hinter den Köpfen der Kartäusermönche.
Um Johannes und Bruno sind feine gerade Linien erkennbar, die zu Brüchen in der grafischen Struktur führen und durch eine spätere Einfügung im originalen Holzstock entstanden sind.
Diese Umformung oder Nachbesserung ist auf allen bekannten Drucken des Motivs sichtbar. Die Druckstockergänzung und das fehlende Monogramm von Dürer haben in der Vergangenheit Zweifel aufkommen lassen, ob das gesamte Werk von Dürer sei. Die drucktechnische Ausführung vom Kopf des Johannes und jenem der Maria tragen jedoch die Handschrift von Dürer.
Der Einsiedler und Ordensgründer (um 1031–1101) studierte in Köln. 1057 übernahm er die Leitung der Domschule in Reims und 1075 das Kanzleramt des Erzbistums. Konflikte mit dem Erzbischof führten zu seiner Flucht und zum Eintritt ins Benediktinerkloster Molesme, wo er in strenger Askese lebte. 1084 zog er mit sechs Gefährten in die Nähe von Grenoble und erbaute dort das erste Kartäuserkloster, La Grande Chartreuse (FRA). Einzelzellen, Schweigegebot, Verständigung durch Zeichen und Zusammenkunft zu nächtlicher Stunde gehörten zu den Ordensregeln. Die Beschäftigung der Mönche bestand aus Beten sowie körperlicher und geistiger Arbeit, wie das Abschreiben von Büchern. 1089 zog Bruno nach Rom und übernahm ein Berateramt beim Papst. 1091 gründete er in Kalabrien die Kartäuserklöster Sta. Maria dell'Eremo und kurz darauf S. Stefano del Bosco unter der Schutzmacht von Maria. Der Kartäuserorden wurde 1176 von Papst Alexander III. anerkannt. Heilig gesprochen wurde Bruno 1623.

Die Darstellung des Marienbildtypus der Mondsichelmadonna, auch Strahlenkranzmadonna genannt, geht auf die Offenbarung des Johannes zurück, die von einer apokalyptischen Frauengestalt im siegreichen Kampf gegen das Böse handelt, ein Sinnbild für den Triumph der Kirche (Offb 12,1–12). Ab dem hohen Mittelalter wird diese Erscheinung in der darstellenden Kunst mit Maria gleichgesetzt, bis sie schliesslich im 14. Jh. ein autonomes Motiv darstellt.
Die Abbildung der Schutzmantelmadonna wiederum wird im 15. und 16. Jh. beliebt. Der weite Mantel der Maria bietet Geborgenheit sowie mütterlichen Schutz und bewahrt vor Gottes Zorn. Die Gottesmutter soll in einer Vision der hl. Birgitta von Schweden mit folgenden Worten als Zuflucht angeboten haben «Komm du also, meine Tochter und verbirg Dich unter meinem Mantel». Maria hatte bei den Kartäusern einen besonderen Stellenwert, da sie neben Johannes dem Täufer die Schutzpatronin des Ordens war. Die Darstellung zeigt somit, wie Maria die Kartäuser in ihre Obhut nimmt. Im Vorraum einer Mönchszelle stand jeweils eine Madonnenskulptur, zu welcher der Kartäuser beim Eintreten ein «Ave Maria» richtete. Der liegende Kartäuser symbolisiert vielleicht die Unterwerfung der Mönche unter die Schutzmacht Marias.
Dürer, Albrecht (1471–1528), Grafiker, Maler
1515
H. 25.5, B. 18.4 cm
Holzschnitt auf Büttenpapier
T 9395
Joseph Meder, Dürer-Katalog, Kupferstiche, Radierungen, Holzschnitte, Wien 1932, S. 181, Nr. 210.

Heinrich und Margarethe Schmidt, Die vergessene Bildersprache christlicher Kunst, Ein Führer zum Verständnis der Tier-, Engel- und Mariensymbolik, München 1984, S. 223–227, 255–256.

Bilder und Bildchen des heiligen Bruno, Katalog der Ausstellung im Ittinger Museum, 1984, S. 7.
Schlagwörter: Druckgrafik, Kunsthandwerk, Hauswesen, Religion katholisch, Kloster, Kirche, Symbol