Grafik: Kleines Andachtsbild mit der Darstellung des Todes der seligen Crescentia von Kaufbeuren, Blatt vom Kapuzinerpater Alexander aus Stans (NW)

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Private Devotionalie der Volksfrömmigkeit aus der Sammlung im Pfarrhaus Mammern.

Die Franziskanerin liegt auf dem Totenbett, umgeben von Mitschwestern und Geistlichen. Einige Nonen knien und beten, eine stehende Schwester hält eine brennende Kerze, ein Geistlicher spendet das Sterbesakrament. Den Kopf von Crescentia umgibt eine Gloriole. Vor ihr erscheint der Erzengel Raphael mit seinem Attribut, dem Pilgerstab in seiner Rechten, mit seiner Linken reicht er ihr die Hostie. Raphaels rechter Zeigefinger zeigt nach oben zu Jesus Christus, der über der Szene in einem Strahlen- und Wolkenkranz steht.
Bildunterschrift: «Hinscheiden der sel. Crescentia von Kaufbeuren.»

Rückseite mit Beschreibung der Szene in Gedichtform mit vier Strophen mit der Überschrift «Heimgang der seligen Gottesbraut, Crescentia von Kaufbeuren.» und dem Bibelzitat «Kostbar in den Augen des Herrn ist der Tod seiner Heiligen! (Psalm 115. 6.)»

«Zu Ende geht der erste Ostertag,
Zu Ende auch Crescentia's Opferleben!
Bang harrend auf des Herzens letzten Schlag
Die Schwestern all', die Priester sie umgeben. –
Wie bald wohl diese reine Taube mag
Zum Heimflug sich, zum seligen erheben? –
Schon ist die Nacht, die Stille, vorgeschritten. –
Hat Christi Braut noch nicht genug gelitten?

Ihr Führer fragt – bewegt, doch fest und klar:
‹Wird Raphael bald Sie zu holen kommen?›
‹Er ist schon da!› – ihr letztes Wort es war;
Ihr mildes Aug', – fast schien sein Glanz verglommen! –
Es öffnet sich und strahlt so wunderbar
Den Priester an, – denn Abschied wird genommen!
Zum ersten und zum letzten Mal auf Erden
Sollt' heut' ein Blick aus diesem Aug' ihm werden!

Und Himmelstrost thaut still in sein Gemüth,
Wie er noch nie im Leben ihn empfunden! –
Des Engels Näh'! – die reine Lilienblüth',
Die heut' noch wird in Jesu Kranz gewunden, –
Wo selig dann im ew'gen Licht sie glüht, –
Die Osternacht mit ihren Weihestunden, –
Das Alles lässt ihn Weh und Welt vergessen
Und Erdenzeit nach Ew'gen nur bemessen!

Da endlich tönt der zwölfte Glockenschlag,
Und macht ihr Geist von dieses Leibes Kleide
Sich leise los; – zum ew'gen Ostertag
Geht froh sie ein – nach lebenslangem Leide! –
Und Trost – wie nur Gott selbst ihn geben mag –
Füllt jedes Herz mit sel'ger Osterfreude!
Zur Hochzeit ist des Lammes Braut gegangen,
Gott lass' auch uns zu gleichem Glück gelangen!»

Darunter: «Nachdruck verboten», Name der Dichterin: «Cordula Peregrina. (C. Wöhler)». Handschriftlich: «Stans, 5. VII. 03. / P. Alexander, Ord. cap. [?]».
Fotografie nach einem Gemälde des Kirchenmalers Frater Max Schmalzl (1850–1930), einem Redemptoristen, d. h. einem Angehörigen der römisch-katholischen Ordensgemeinschaft der «Kongregation des Heiligsten Erlösers» (lateinisch: Congregatio Sanctissimi Redemptoris, Ordenskürzel: C. Ss. R), die am 9. November 1732 von Alfonso Maria de Liguori in Scala (ITA) gegründet wurde.
Es handelt sich um eine Vorstudie der Wandmalerei für das Bogenfeld der Westwand in der Bayrischen Kapelle der katholischen Pfarrkirche St. Gioacchino in Rom, die 1891 erbaut wurde und die seit 1898 vom Redemptoristenorden betreut wird. 1904 erfolgte die Ausgestaltung mit den Wandmalereien von Schmalzl.

Anna Höss (1683–1744) legte 1704 als Schwester Maria Crescentia im Kaufbeurer Franziskanerinnenkloster das Gelübde ab und wurde dort 1741 zur Oberin gewählt. Sie galt als Mystikerin und bedeutsame Beraterin. 1900 wurde sie selig- und 2001 heilig gesprochen. Kaufbeuren entwickelte sich dank ihrem Ruf zum Pilgerort, wo in der Klosterkirche ihr Reliquienschrein gezeigt wird.

Die kleinformatigen Blätter mit magischer Heils- und Gnadenwirksamkeit dienten als Einlagen in Gebets- und Gesangsbücher, wurden in Koffer, Schränke und an Wände geklebt oder gar ins Grab gelegt. Als Amulett trug der gläubige Mensch die Bildchen zum Schutz vor bösen Kräften am Körper oder legte sie kranken Körperstellen auf.
Franz Böham, Fotografischer Druck und Verlag in München / Wöhler, Cordula (1845–1916), später Cordula Schmid (Pseudonym Cordula Peregrina), Dichterin
1903
H. 12.5, B. 8.5 cm
Aufgeklebte Schwarz-Weiss-Fotografie (vermutlich Mischtechnik aus fotografischem und lithografischem Verfahren), Buchdruck (Schrift) auf Velinpapier
T 30364
Das kleine Andachtsbild, Katalog der Ausstellung im Hamaland-Museum in Vreden 1982, im Niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer 1982, in der Galerie der Stadt Bocholt 1983, Straelen 1982.

Dieter Pack, Die historische Entwicklung des Apollonia-Kults unter besonderer Berücksichtigung des sog. «kleinen Andachtsbildes», Dissertation, Bayerische Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg, Würzburg 2003, S. 83. https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/deliver/index/docId/589/file/pack.pdf, aufgerufen am 01.01.2022.

Otto Weiss, Redemptoristen, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.02.2010. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011723/2010-02-24/, aufgerufen am 20.04.2023.

Monika Schwarzenberger-Wurster, Frater Max Schmalzl (1850–1930), Katholische Bildpropaganda in der christlichen Kunst des späten 19. Jahrhunderts, Monographie und Werkkatalog, Dissertation, Universität Regensburg, Berlin 2010, S. 381.
Schlagwörter: Druckgrafik, Fotografie, Hauswirtschaft, Persönliches Schreiben, Religion katholisch, Brauchtum, Kirche, Kloster