Grafik: Scheibenriss zur Bildscheibe von Lorenz (Laurenz) Thunger (Dunger, Thuonger, Dienger), Konventsherr im Augustinerchorherrenstift Kreuzlingen, mit der Sünderin Maria Magdalena bei der Fusssalbung Christi

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Vitrocentre Romont
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Das Hauptbild zeigt eine Männerrunde bei Tisch im Hause des Pharisäers Simon, gemäss Lk 7, 36–50. Auf der rechten Seite des reich gedeckten Rundtisches sitzt Christus, dessen Füsse von der vor ihm knienden Sünderin gesalbt werden. Über Maria Magdalena Schriftband «DOMINE ADIUEME» (Herr, hilf uns). Die Szene umfassen zwei einen Rollwerkbogen tragende Säulen. Aus den Wolken unter diesem Bogen ragt die Jesus und die Sünderin segnende Hand Gottes hervor. Daneben Schriftband «Sub presidio vivimus tuo» (Wir leben unter Deinem Schutz) und Schrifttafel «DIMITUNTUR EI PECCATA MULTA LUC. 7. C» (Ihre vielen Sünden sind vergeben, Lk 7, 47). Während das Oberbild links unausgeführt ist, erscheinen rechts eine sich über ein Loch am Bogen neigende Figur und hinter ihr drei neben einem gotischen Kirchenbau diskutierende Männer. Laut den Angaben auf der beigefügten Schriftrolle und am oberen Rand bezieht sich die Darstellung auf das 13. Kapitel im 4. Buch der Könige. «4 REG 13 · C», «S. Laurentzig uss dem 4 Buch Regum am 13. C. vom Eliseo». Demnach ist hier dargestellt, wie der in das Grab Elisas geworfene tote Mann durch die Berührung mit diesem wieder lebendig wird und sich auf seine Füsse stellt (4 Kg 13, 20–21). Gemäss der Inschrift über dem leer gebliebenen Oberbildfeld sollte darin der hl. Laurentius, der Namenspatron des Stifters, festgehalten werden. Am Scheibenfuss ist zwischen den Säulenpostamenten Thungers Name in einer Rollwerktafel festgehalten «Laurentzig Th?nger Couentherr Z? Crützlingen Anno 1567». Davor kniet dieser vor seinem Wappen mit Totenkopf und Sanduhr (Symbole der Vergänglichkeit) als Helmzierden und schaut mit gefalteten Händen andächtig zur Figur Christi empor. Dahinter Schriftband «MORS OMNIA VONCIT» (Der Tod besiegt alles). Über dem knienden Stifter Schriftband «Miserere Misereatur qui vere sum peccatur.». (Sinngemäss: Habe Mitleid, denn er/sie bedaure wahrlich gesündigt zu haben.).

«Miserere Misereatur quia vere sum peccatur.» stammt ursprünglich aus dem Hymnus von Papst Innozenz III. (1198–1216). Dort stehen «miserator» und «peccator» an Stelle von «misereatur» und «peccatur» (Habe Erbarmen/Fühle Barmherzigkeit, Bemitleider, weil ich wahrlich ein Sünder bin.).
Laurenz Thunger (gest. 1590) legte 1546 die Profess im Chorherrenstift Kreuzlingen ab. 1550 wurde er Subdiakon, 1557 Diakon und 1558 Priester. 1566 amtete er als Probst der Augustinerchorherrenpropstei St. Leodegar in Riedern am Wald im Schwarzwald. 1568 besetzte er die Dekansstelle im Stift Kreuzlingen. 1578 wurde Thunger wegen schriftlicher Verunglimpfung exkommuniziert. Womöglich stiftete Thunger die Scheibe, welcher der Riss als Vorlage diente, dem Dominikanerinnenkloster St. Katharinental für den zwischen 1565 und 1571 neugestalteten Kreuzgang.
Lang, Hieronymus, der Ältere, zugeschrieben (1520–1582), Glasmaler
1567
H. 39.6, B. 26.7 cm
Braunschwarze Feder auf Papier; das Wappen und der Nimbus Christi aquarelliert. Wasserzeichen: schreitender Bär mit Halsband und Zunge
T 5469
https://vitrosearch.ch/de/objects/2660980, aufgerufen am 01.03.2024.
Schlagwörter: Handzeichnung, Glasmalerei, Kunsthandwerk, Brauchtum, Religion katholisch, Kloster, Kirche, Heraldik, Symbol