Kleine Kanone auf Lafette für den Segensgruss in der Fronleichnamsprozession, aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharinental in Diessenhofen

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In Mörserwanne schräg liegendes Kanonenrohr mit der Inschrift «St. Kth.» sowie dem Klosterwappen. Hinten abgeschrägte und vorne vorragende Holzblocklafette mit Volutenformen. Block mit vier handgeschmiedeten Eisenbändern verstärkt.
An Fussleiste die Zahl «6», was darauf hindeutet, dass es sich um die Kanone Nr. 23 aus dem Gantverzeichnis von 1870 handeln könnte, in welchem die sechs Kanonen mit den Nummern 18 bis 23 aufgeführt sind. Die Nummer 23 wurde damals für CHF 28.50 veräussert.
Abgeschossen wurde der Knallkörper (Böller) während der Priester den knienden Gläubigen den sakramentalen Segen erteilte.
In den Klosterinventaren von 1849 sowie 1856 ist die Kanone zusammen mit weiteren fünf Mörsern aus Messing verzeichnet, wovon 1848 vier bzw. 1856 fünf als «unbrauchbar» bzw. «defect» beschrieben werden. Deshalb beauftragte man den Giesser J. H. Lewerer aus Stein am Rhein, fünf der Mörser umzugiessen, was das Kloster CHF 62.58 kostete. Schliesslich veräusserte die Kantonale Klosterverwaltung zwei Jahre nach der Säkularisierung des Konvents am 4. Juli 1870 an einer Gant die fünf neugegossenen und das alte Geschütz für einen Betrag von insgesamt CHF 152.–.

Das Fronleichnamfest, das zehn Tage nach Pfingsten gefeiert wird, zählt zu den prunkvollsten Zeremonien der katholischen Kirche. Das Fest ehrt die leibliche Anwesenheit («Vronlichnam» lebendiger Leib des Herrn) von Jesus Christus in Form der Hostie, die in einer kostbaren Monstranz zur Schau gestellt wird. Papst Urban IV. erklärte das Fest 1264 zur regulären Feier. Im 16. Jh., im Zuge der Gegenreformation, gestalteten sich die Prozessionen, die im Anschluss an die Messe stattfanden, zu pompösen und aufwändigen Repräsentationsveranstaltungen, die sich gezielt von der reformierten Schlichtheit abgrenzten. Die zeremonielle Verehrung des Leibs Christi wurde nicht nur im Kirchenraum sondern auch im Freien vollzogen, wofür mobile Aussenaltäre installiert wurden, zu welchen die Monstranz unter einem Baldachin an der Spitze eines langen Umzugs getragen wurde. An den Aussenaltären wurden jeweils liturgische Handlungen vollzogen. Kanonenschüsse markierten essentielle Handlungen, wie die rituelle Wesenswandlung (Transsubstantiation) während der Messe sowie die Segnung an den Aussenaltären.
1. Hälfte 17. Jh.
H. 25, B. 25, T. 64 cm
Bronzeguss; Schmiedeisen; Eichenholz
T 41495
Staatsarchiv Thurgau, (StATG), 7'44'352; 7'44'353; 7'44'374; 7'44'389; 7'44'428.
Schlagwörter: Religion katholisch, Kloster, Waffe, Kunsthandwerk, Brauchtum