Medaille: Religiöse Medaille mit dem Schweisstuch der Veronika, hergestellt in Wien, aus dem Nachlass der Schriftstellerin Alja Rachmanowa

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Vs. Plastisch dargestelltes Schweisstuch der Veronika mit bärtigem Antlitz Christi mit Dornenkrone, unten drei Punzen «FO», «900» und «2 [Wiedehopfkopf] W».
Wurde als Anhänger an einer Kette getragen.

Das Schweisstuch der Veronika ist eine Kontaktreliquie. So soll gemäss der christlichen Überlieferung die hl. Veronika dem blutüberströmten Christus auf dem Weg zur Kreuzigung ihr Tuch gereicht haben, damit er sein Gesicht reinigen konnte. Auf wunderbare Weise habe sich das Antlitz Christi auf dem Schweisstuch abgebildet. In der mittelalterlichen Tradition wurde der Name Veronika aus den Wörtern vera (lateinisch für wahr) und ikon (griechisch für Bild) abgeleitet («wahres Bild»). 1616 wurden mehrere Kopien des im Vatikan liegenden Schweisstuches angefertigt, wobei eine dieser Kopien 1721 nach Wien gelangte, wo sie heute in der Schatzkammer der Wiener Hofburg aufbewahrt wird.
Aufgrund der punzierten Marke des Wiener Kontrollamts (W) mit dem Wiedehopfkopf für österreichische Silberwaren ab 1922 lässt sich sowohl der Entstehungsort Wien als auch der zeitliche Rahmen ab 1922 für den silbernen Anhänger festlegen.

Die Schriftstellerin Alja Rachmanowa lebte von 1949 bis zu ihrem Tod 1991 im thurgauischen Ettenhausen. Mittels Legat vermachte sie dem Kanton Thurgau ihren gesamten Nachlass, der sich im Staatsarchiv, in der Kantonsbibliothek und im Historischen Museum Thurgau befindet.
Die als Galina Djuragin 1898 im russischen Kasli im südöstlichen Ural geborene Dichterin thematisierte in ihren Schriften u.a. die russischen Revolutionswirren. Seit 1921 mit dem österreichischen Sprachwissenschaftler und Aristokraten Arnulf von Hoyer verheiratet, emigrierte Rachmanowa mit Mann und Sohn 1926 nach Österreich und lebte bis 1945 in Salzburg. Um 1931 konvertierte sie vom russisch-orthodoxen zum katholischen Glauben. In ihrem Nachlass befinden sich zahlreiche Gegenstände mit religiösen Bezügen.
Rachmanowa sympathisierte aktiv mit der Politik von Adolf Hitler. So verfasste sie Propagandaschriften für das Auswärtige Amt und war Mitglied der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Ihre Tagebücher zeugen vom Wohlwollen gegenüber der Ideologie und dem Programm der NASAP im Deutschen Reich. Durch ihren Umzug in die Schweiz entging das Ehepaar Hoyer dem Entnazifizierungsverfahren. Ihr Sohn Jurka (Alexander) war als Kameradschaftsführer in der Hitlerjugend aktiv und nahm an der Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz in Salzburg am 30. April 1938 teil. 1945 fiel er im Zweiten Weltkrieg bei Kämpfen um Wien.
1922–1938/ab 1945
L. 3.7, B. 2.2 cm
Silber, gegossen (Hohlguss), punziert
T 34509
Marianne Luginbühl, Russische Literatur im Thurgau, Alja Rachmanowa, in: bodenständig und grenzenlos, 200 Jahre Thurgauer Frauengeschichte(n), Frauenfeld 1998, S. 153–155.

Franz Stadler, Die unterschlagenen Geheimnisse der Milchfrau in Ottakring, in: Zwischenwelt, Literatur / Widerstand / Exil, 35. Jahrgang, Nr. 3, 2018, S. 8–11. https://theodorkramer.at/zwischenwelt/ausgaben/nachtgedanken/, aufgerufen am 21.06.2024.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/russische-schriftstellerin-die-entzauberung-der-alja-100.html, aufgerufen am 21.06.2024.
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