Medaille: Religiöse spitzbogige Plakette mit dem hl. Josef und dem Christuskind, aus dem Nachlass der Schriftstellerin Alja Rachmanowa

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Vs.: Erhaben gestaltete Halbfigur des hl. Josefs in Frontalansicht mit bärtigem Antlitz und Überwurf von vorne, mit den Händen das sich anschmiegende Christuskind vor seiner Brust haltend, darunter Namenszug «ST. JOSEPh». Hintergrund geriffelt. Abstrahierende symmetrische Gestaltung des Heiligen mit langen Fingern, langem Hals und langem schmalem Gesicht mit ebensolcher Nase. Die starre und streng symmetrische Darstellung des hageren Heiligen betont das liebliche bewegte Kindergesicht von Jesus, das in Dreiviertelansicht abgebildet ist.
Während langer Zeit blieb die Person des hl. Josef auf die Rolle als Ehemann von Maria und Ziehvater Jesu reduziert. Als Einzelfigur wurde er kaum dargestellt. Erst nachdem ihn Papst Pius IX. (1846–1878) 1870 zum Schutzpatron der katholischen Kirche erhoben und Papst Leo XIII. (1878–1903) mit der Enzyklika «Quamquam pluries» 1889 die Verehrung des hl. Josef ausdrücklich empfohlen hatte, erlebte die Darstellung des Heiligen als eigenständige Figur eine grosse Verbreitung in der religiösen Kunst. Hier auf der Plakette wird er als fürsorglicher Vater dargestellt.

Die Schriftstellerin Alja Rachmanowa lebte von 1949 bis zu ihrem Tod 1991 im Thurgauischen Ettenhausen. Mittels Legat vermachte sie dem Kanton Thurgau ihren gesamten Nachlass, der sich im Staatsarchiv, in der Kantonsbibliothek und im Historischen Museum Thurgau befindet.
Die als Galina Djuragin 1898 im russischen Kasli im südöstlichen Ural geborene Dichterin thematisiert in ihren Schriften u.a. die russischen Revolutionswirren. Seit 1921 mit dem österreichischen Sprachwissenschaftler und Aristokraten Arnulf von Hoyer verheiratet, emigrierte Rachmanowa mit Mann und Sohn 1926 nach Österreich und lebte bis 1945 in Salzburg. Um 1931 konvertierte sie vom russisch-orthodoxen zum katholischen Glauben. In ihrem Nachlass befinden sich zahlreiche Gegenstände mit religiösen Bezügen.
Rachmanowa sympathisierte aktiv mit der Politik von Adolf Hitler. So verfasste sie Propagandaschriften für das Auswärtige Amt und war Mitglied der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Ihre Tagebücher zeugen vom Wohlwollen gegenüber der Ideologie und dem Programm der NASAP im Deutschen Reich. Durch ihren Umzug in die Schweiz entging das Ehepaar Hoyer dem Entnazifizierungsverfahren. Ihr Sohn Jurka (Alexander) war als Kameradschaftsführer in der Hitlerjugend aktiv und nahm an der Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz in Salzburg am 30. April 1938 teil. 1945 fiel er im Zweiten Weltkrieg bei Kämpfen um Wien.
um 1920–um 1940
H. 200, B. 135, T. 25 mm
Zink, geschwärzt, patiniert, gegossen (Hohlguss)
T 34346
Marianne Luginbühl, Russische Literatur im Thurgau, Alja Rachmanowa, in: bodenständig und grenzenlos, 200 Jahre Thurgauer Frauengeschichte(n), Frauenfeld, 1998, S. 153–155.
Schlagwörter: Numismatik, Kunsthandwerk, Relief, Hauswirtschaft, Religion katholisch