Medaille: Rundes Klischee (einseitige Hohlprägung) mit der Darstellung des hl. Franz von Assisi bei der Vogelpredigt, Applike von einer Weihwasser-Vorrichtung, aus dem Nachlass der Schriftstellerin Alja Rachmanowa

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Vs.: Der kniende hl. Franziskus nach links mit Nimbus und Ordenstracht, auf einer Wiese, die Rechte zum Segen erhoben, in der Linken ein Kreuz haltend, vor ihm eine Vogelschar, die seinen Worten lauscht.
Der hl. Franziskus von Assisi (1181/1182–1226) gehört zu den populärsten Heiligen der katholischen Kirche. Als Ordensgründer der Franziskaner (Minderbrüder) und als Mitbegründer der Klarissen folgte er dem Armutsgebot Christi. Sehr schnell breitete sich der Franziskanerorden in Europa aus. Nach seinem Tod wurde seine Grabstätte ein wichtiger Wallfahrtsort (Basilica di San Francesco), der auch heute noch unzählige Pilger und Touristen aus aller Welt anzieht.

Die Vogelpredigt des Franziskus findet sich bereits in der ersten offiziellen Vita des Heiligen (Vita prima S. Francisci), welche kurz nach der Heiligsprechung 1228 von Thomas von Celano (um 1190–1260) verfasst wurde. Gemäss der Vita forderte Franziskus die vielen anwesenden Vögel auf, die Allmacht Gottes zu preisen. Erst nachdem Franziskus sie zum Schluss der Predigt gesegnet hatte, flogen sie gemeinsam fort.

Ursprünglich gehörte die Medaille wahrscheinlich zu einem Weihwassergefäss, welches in vielen katholischen Haushalten vorhanden war. An einem Wandschild angebracht, befand sich ein kleines Becken mit geweihtem Wasser. Mit den damit benetzten Fingern wurde jeweils beim Eintreten oder Verlassen des Raums ein Kreuz geschlagen. Im Schild, oberhalb des Weihwassergefässes, waren häufig einseitige Medaillons, wie dieses. mit religiösen Darstellungen eingelassen.

Die Schriftstellerin Alja Rachmanowa lebte von 1949 bis zu ihrem Tod 1991 im thurgauischen Ettenhausen. Mittels Legat vermachte sie dem Kanton Thurgau ihren gesamten Nachlass, der sich im Staatsarchiv, in der Kantonsbibliothek und im Historischen Museum Thurgau befindet.
Die als Galina Djuragin 1898 im russischen Kasli im südöstlichen Ural geborene Dichterin thematisierte in ihren Schriften u.a. die russischen Revolutionswirren. Seit 1921 mit dem österreichischen Sprachwissenschaftler und Aristokraten Arnulf von Hoyer verheiratet, emigrierte Rachmanowa mit Mann und Sohn 1926 nach Österreich und lebte bis 1945 in Salzburg. Um 1931 konvertierte sie vom russisch-orthodoxen zum katholischen Glauben. In ihrem Nachlass befinden sich zahlreiche Gegenstände mit religiösen Bezügen.
Rachmanowa sympathisierte aktiv mit der Politik von Adolf Hitler. So verfasste sie Propagandaschriften für das Auswärtige Amt und war Mitglied der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Ihre Tagebücher zeugen vom Wohlwollen gegenüber der Ideologie und dem Programm der NASAP im Deutschen Reich. Durch ihren Umzug in die Schweiz entging das Ehepaar Hoyer dem Entnazifizierungsverfahren. Ihr Sohn Jurka (Alexander) war als Kameradschaftsführer in der Hitlerjugend aktiv und nahm an der Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz in Salzburg am 30. April 1938 teil. 1945 fiel er im Zweiten Weltkrieg bei Kämpfen um Wien.
20. Jh.
D. 60 mm
Messing, versilbert, geprägt (Hohlprägung)
T 34513
Marianne Luginbühl, Russische Literatur im Thurgau, Alja Rachmanowa, in: bodenständig und grenzenlos, 200 Jahre Thurgauer Frauengeschichte(n), Frauenfeld, 1998, S. 153–155.

Franz Stadler, Die unterschlagenen Geheimnisse der Milchfrau in Ottakring, in: Zwischenwelt, Literatur / Widerstand / Exil, 35. Jahrgang, Nr. 3, 2018, S. 8–11. https://theodorkramer.at/zwischenwelt/ausgaben/nachtgedanken/, aufgerufen am 21.06.2024.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/russische-schriftstellerin-die-entzauberung-der-alja-100.html, aufgerufen am 21.06.2024.
Schlagwörter: Numismatik, Kunsthandwerk, Hauswirtschaft, Persönliche Accessoires, Religion katholisch, Brauchtum