Medaille: Schulprämie für die städtischen Schulen in Zürich, aus der ehemaligen Sammlung von Josef Sager (1905–1964)

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Vs.: Umschrift: «MERENTI SCHOLA TVRICENSIS», (Auszeichnung der Zürcher Schule). In doppeltem Linienkreis sitzende weibliche Figur (Kalliope, Muse der epischen Dichtung, der Rhetorik, der Philosophie und der Wissenschaft) nach rechts, mit der Linken einen Lorbeerkranz (Symbol des Siegs und Ruhms, hier der Auszeichnung), mit der Rechten eine Schriftrolle (Symbol der Bildung) haltend, vor ihr ein Bienenkorb mit fünf Bienen (Symbol des Fleisses), eine Leier an den Stuhl gelehnt (Symbol der Poesie), im Abschnitt die Signatur «H. BOLTSCHAVS .».
Rs.: In mehrfachem Linienkreis die gravierten Angaben «RVDOLFVS / HVLDRICVS / MDCCXCII» (Rudolf Ulrich 1792) in stilisiertem Lorbeerkranz.
Seit dem 17. Jh. verbreitete sich in vielen Schweizer Städten der Brauch, einmal pro Jahr – meistens zu Ostern – die Lerneifrigsten mit Preisen zu belohnen. Waren es anfänglich Geldbeträge oder Sachwerte (Bücher, Naturalien), verschenkte man mit der Zeit Medaillen, zumeist aus Silber, die zuweilen dem Wert gängiger Münzen entsprachen. In der Regel wurden solche Medaillen feierlich vergeben. Sinn und Zweck dieser Würdigung war die Ermunterung der Schülerschaft zu Höchstleistungen. An manchen Orten hielt sich dieser Brauch mit Unterbrechungen noch bis weit ins 20. Jh. hinein.
Unter dem Einfluss der Reformation und später der Aufklärung wurde in der Schweiz die Schulbildung für Knaben wie auch für Mädchen vorangetrieben. Im 17. Jh. boten alle Berner und Zürcher Gemeinden einen Schulunterricht an, wobei an Stadtschulen wie in Zürich ein eher stufengerechter, geschlechtergetrennter und ganzjähriger Lehrbetrieb stattfand, während an den Landschulen eine einzige Schulstube üblich war, wo sich die Kinder mehrheitlich im Winter einfanden. Lesen war das wichtigste Fach, da diese Fähigkeit die Voraussetzung war, sich der Lektüre der Bibel zu widmen und die Psalmen auswendig zu lernen. Daneben wurde Schreiben sowie Singen unterrichtet und vor allem an den Stadtschulen bzw. Marktorten auch das Rechnen. Lehrmittel waren religiöse Bücher (Psalmenbuch, Altes und Neues Testament). Die Lesekompetenz der Mädchen und Knaben lag gegen Ende des 18. Jhs. in Zürich bei 70–90%, die Fähigkeit zum Schreiben war weit weniger ausgebildet und bei Mädchen in noch geringerem Mass vorhanden.

Johann Heinrich Boltschauser oder Boltshauser wurde 1754 in Altenklingen geboren und besuchte die Dorfschule in Märstetten. Nach einer Lehre in Diessenhofen arbeitete er in der Münzstätte Zürich, wo er erste Medaillen fertigte. 1777 ging Boltschauser nach Augsburg, 1780 nach Mannheim, wo er 1790 vom Kurfürsten Karl Friedrich von Baden (1803–1811) an der Münzstätte angestellt wurde.

Die Schulprämie gehörte zur Sammlung von Josef Sager (1905–1964), einem Lehrer und Autodidakten aus Münchwilen. Seit den 1930er-Jahren galt Sager in der Ostschweiz als Fachmann für Numismatik. Selbst Münzsammler, erwarb er mehrere Hortfunde auf dem Gebiet der Ostschweiz und bot sich zudem als Gutachter für numismatische Sammlungen an (z.B. in der Stiftsbibliothek St. Gallen).
Die Münzen und Medaillen von Josef Sager bilden in der Museumssammlung ein Konvolut aus über 600 Exemplaren. Alle Stücke wurden von Josef Sager, seinen Erben oder nachfolgenden Besitzern erworben.vermehrt
Boltschauser oder Boltshauser, Johann Heinrich (1754–1812) aus Altenklingen, Medailleur, Stempelschneider, Graveur in Mannheim
1786–1792
D. 35.3 mm
Silber, Prägung (1780/1785), Gravur (1792)
T 6965
Ernst Leisi, Neue Medaillen und Münzen im Thurgauischen Museum, in: Mitteilungen aus dem Thurgauischen Museum, Heft 9, 1954, S. 2–8, Nr. 12.

Hans Boltshauser, Der Medailleur Johann Heinrich Boltschauser 1754–1812, in: Schweizerische Numismatische Rundschau, Bd. 41, 1960, S. 14–34, Nr. 18a.

Eugen Alder, Ralph Frei, Hans Gossweiler, Walter Michel, Alfons Raimann, 500 Jahre Kirche Märstetten, Märstetten 1989, S. 72.

Schulwesen, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.11.2012. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010396/2012-11-21/, aufgerufen am 07.10.2025.

Andrea De Vincenti, Curricula als Manifestationen regional geteilter Schulvorstellungen, Eine Deutung von Zürcher Antworten auf zwei Schulumfragen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, in: Volksschule um 1800, Studien im Umfeld der Helvetischen Stapfer-Enquête 1799, 2014, S. 173–190. https://www.pedocs.de/volltexte/2014/9333/pdf/Troehler_2014_Volksschule_um_1800.pdf, aufgerufen am 07.10.2025.
Schlagwörter: Numismatik, Kunsthandwerk, Herrschaft, Bildungswesen, Allegorie, Symbol, Botanik, Tier, Religion, Andenken, Erinnerung