Medaille: Schulprämie im Wert von 5 Batzen oder 20 Kreuzern für die städtischen Schulen in Bern, aus der ehemaligen Sammlung von Josef Sager (1905–1964)

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Vs.: Umschrift: «MONETA REIPUB . BERNENS . 1787 .». In Strichelkreis mit Lilienkrone bekröntes Berner Wappen in ovalem Schild (heraldisch nach rechts aufwärtsschreitender Bär mit erhobener linker Vordertatze), seitlich flankiert von Palmzweigen (Symbole des Siegs und Ruhms).
Rs.: In Strichelkreis auf einem Block in menschlicher Manier sitzende, nach links blickende Bärin, die mit ihren Tatzen eine aufgerollte Schrift hält, diese mit den Angaben «DOMINUS / PRO . / VIDEBIT / [Der Herr wird vorsorgen, Gen 22, 8] 1766 .». Hinter der Schriftrolle sind der Griff und die Parierstange einer Stich- oder Hiebwaffe sichtbar.
Seit dem 17. Jh. verbreitete sich in vielen Schweizer Städten der Brauch, einmal pro Jahr – meistens zu Ostern – die Lerneifrigsten mit Preisen zu belohnen. Waren es anfänglich Geldbeträge oder Sachwerte (Bücher, Naturalien), verschenkte man mit der Zeit Medaillen, zumeist aus Silber, die zuweilen dem Wert gängiger Münzen entsprachen. In der Regel wurden solche Medaillen feierlich vergeben. Sinn und Zweck dieser Würdigung war die Ermunterung der Schülerschaft zu Höchstleistungen. An manchen Orten hielt sich dieser Brauch mit Unterbrechungen noch bis weit ins 20. Jh. hinein.
Unter dem Einfluss der Reformation und später der Aufklärung wurde in der Schweiz die Schulbildung für Knaben wie auch für Mädchen vorangetrieben. Im 17. Jh. boten alle Berner und Zürcher Gemeinden einen Schulunterricht an, wobei an Stadtschulen wie in Bern ein eher stufengerechter, geschlechtergetrennter und ganzjähriger Lehrbetrieb stattfand, während an den Landschulen eine einzige Schulstube üblich war, wo sich die Kinder mehrheitlich im Winter einfanden. Lesen war das wichtigste Fach, da diese Fähigkeit die Voraussetzung war, sich der Lektüre der Bibel zu widmen und die Psalmen auswendig zu lernen. Daneben wurde Schreiben sowie Singen unterrichtet und an den Stadtschulen bzw. Marktorten auch das Rechnen. Lehrmittel waren religiöse Bücher (Psalmenbuch, Altes und Neues Testament). Gegen Ende des 18. Jh. besuchten im Kanton Bern (Stand Bern) etwa gleich viele Mädchen wie Knaben die sechs Jahre dauernde Grundschule, und die Lesefähigkeit beider Geschlechter hielt sich die Waage.

Die 1191 durch Herzog Berchtold V. von Zähringen (1186–1218) gegründete Stadt Bern entwickelte sich im Verlauf der Jahrhunderte zum grössten Stadtstaat nördlich der Alpen. Bereits Münzen und Siegel aus der Zeit um 1224 zeigen den Bären als Wappentier, zunächst noch auf allen Vieren laufend. Die älteste überlieferte farbige Darstellung des Berner Wappens mit schwarzem Bären in goldenem Schrägbalken auf rotem Grund findet sich auf einem Setzschild (Schutzschild) aus dem 14. Jh., welcher heute im Historischen Museum Bern aufbewahrt wird.

Wie bei vielen Wappendarstellungen handelt es sich beim Berner Wappen um ein redendes Wappen, welches Bezug auf den Stadtnamen (Bern = Bären) nimmt. Die bereits im Spätmittelalter verbreitete Gründungslegende, wonach Herzog Berchtold V. von Zähringen die neue Siedlung nach dem ersten von ihm in der Gegend erlegten Tier, einem Bären, benannte, bleibt eine Erzählung ohne historische Beweise. Wahrscheinlicher ist, dass sich der Name Bern an einem bereits bestehenden Flurnamen orientierte wie etwa dem keltischen Wort «berna» für Kluft/Schlucht. Als Symbol für Kraft und Macht fand der Bär neben Adler und Löwe in mittelalterlichen Wappendarstellungen eine weite Verbreitung.

Johann Kaspar Mörikofer (1733–1803) absolvierte ab 1750 eine Lehre als Siegelstecher, Steinschneider und Medailleur bei seinem Vetter Johann Melchior Mörikofer (1706–1761) in Bern. Fast alle Berner Münzstempel von 1762/1765 bis 1796 stammen von ihm. 1769 bis 1797 fertigte er die Stempel der Goldmünzen von Solothurn. Dazu kamen Verdienst- und Gedenkmedaillen für weitere Städte und vor allem Schulprämien, Siegel für Bern und Zofingen sowie private Aufträge für Medaillenstempel.

Die Schulprämie gehörte zur Sammlung von Josef Sager (1905–1964), einem Lehrer und Autodidakten aus Münchwilen. Seit den 1930er-Jahren galt Sager in der Ostschweiz als Fachmann für Numismatik. Selbst Münzsammler, erwarb er mehrere Hortfunde auf dem Gebiet der Ostschweiz und bot sich zudem als Gutachter für numismatische Sammlungen an (z.B. in der Stiftsbibliothek St. Gallen).
Die Münzen und Medaillen von Josef Sager bilden in der Museumssammlung ein Konvolut aus über 600 Exemplaren. Alle Stücke wurden von Josef Sager, seinen Erben oder nachfolgenden Besitzern erworben.
Mörikofer, Johann Kaspar (1733–1803) aus Frauenfeld, Medailleur, Stempelschneider in Bern
1787
D. 27.2 mm
Silber, Prägung
T 6985
Ernst Leisi, Neue Medaillen und Münzen im Thurgauischen Museum, Mitteilungen aus dem Thurgauischen Museum, Heft 9, 1954, S. 2–8, Nr. 74.

Albert Meier, Gottfried Häusler, Die Schulprämien der Schweiz, Hilterfingen 1991, Nr. 143.

Werner Bieri, Die Medaillen von Johann Melchior (1706–1761) und Johann Kaspar (1733–1803) Mörikofer, in: Schweizerische Numismatische Rundschau, Bd. 75, 1996, S. 121–153, Nr. 18 (Rs.).

Schulwesen, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.11.2012. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010396/2012-11-21/, aufgerufen am 07.10.2025.
Schlagwörter: Numismatik, Kunsthandwerk, Herrschaft, Bildungswesen, Heraldik, Symbol, Botanik, Tier, Andenken, Erinnerung