Medaille: Wundertätige Medaille der Barmherzigen Schwestern (Vinzentinerinnen) in Paris, religiöse Medaille mit runder Tragöse und Ring, aus dem Nachlass der Schriftstellerin Alja Rachmanowa

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Vs.: Umschrift: «O MARIA, OHNE SÜNDE EMPFANGEN, BITTE FÜR UNS, / DIE WIR ZU DIR UNS.(ERE) – ZUFLUCHT NEHMEN!». Die Muttergottes mit Nimbus und ausgebreiteten Händen, von denen die Strahlen der Gnade ausgehen, steht auf der von einem Wolkenkranz umgebenen Weltkugel. Auf dem Wolkenband die Jahreszahl «1830» (Jahr der Erscheinung) und auf der Weltkugel die von den Füssen Mariens zertretene Schlange.
Rs.: Fussbalkenkreuz mit «M» verbunden, in einem Kranz von zwölf fünfstrahligen Sternen, darunter die Heiligsten Herzen Jesu und Mariens, jenes von Jesus mit Dornenkrone und jenes von Maria mit Schwert und Blumenkranz. Unterhalb der Tragöse Punze mit Angabe des Silber-Feingehalts «800» in vertieftem Rechteck.
Wurde als Anhänger an einer Kette getragen.

Der Typus der Wundertätigen oder Wunderbaren Medaille gehört heutzutage zu den am meisten verbreiteten religiösen Medaillen überhaupt. Ihre Entstehung und Darstellung gehen auf mehrere Marienerscheinungen zurück, welche die Vinzentinerin Sr. Catherine Labouré (1806–1876) 1830 in Paris erlebt hatte. Gemäss dem Auftrag der Mutter Gottes sollte Labouré eine Medaille mit ihren Visionen anfertigen lassen. Demnach zeigt die Vorderseite die Muttergottes, von deren Händen die Strahlen der Gnade ausgehen, und die Rückseite das mit dem «M» verbundene Fussbalkenkreuz mit den Herzen von Jesus und Maria, umgeben von zwölf Sternen. 1832 erlaubte der Erzbischof von Paris, Hyacinthe-Louis de Quélen (1778–1839), die Anfertigung der Medaille, die der Goldschmied Adrien Vachette (1753–1839) entworfen hatte. Rasch wurde die Medaille beliebt. Berichte über die wundersame Heilung von Kranken nach Empfang der Medaille brachten ihr die Bezeichnung Wundertätige oder Wunderbare Medaille ein. Aufgelegt von einem Priester und unter Einhaltung von Bedingungen konnte eine gläubige Person an bestimmten Tagen einen vollkommenen Ablass von den Sünden erlangen. Bereits in den ersten vier Jahren nach ihrer Entstehung waren 2.5 Millionen Stück verteilt worden. Bis heute aktiv propagiert und an verschiedenen Orten produziert, wird der ursprüngliche Entwurf möglichst unverändert beibehalten.

Die Schriftstellerin Alja Rachmanowa lebte von 1949 bis zu ihrem Tod 1991 im thurgauischen Ettenhausen. Mittels Legat vermachte sie dem Kanton Thurgau ihren gesamten Nachlass, der sich im Staatsarchiv, in der Kantonsbibliothek und im Historischen Museum Thurgau befindet.
Die als Galina Djuragin 1898 im russischen Kasli im südöstlichen Ural geborene Dichterin thematisierte in ihren Schriften u.a. die russischen Revolutionswirren. Seit 1921 mit dem österreichischen Sprachwissenschaftler und Aristokraten Arnulf von Hoyer verheiratet, emigrierte Rachmanowa mit Mann und Sohn 1926 nach Österreich und lebte bis 1945 in Salzburg. Um 1931 konvertierte sie vom russisch-orthodoxen zum katholischen Glauben. In ihrem Nachlass befinden sich zahlreiche Gegenstände mit religiösen Bezügen.
Rachmanowa sympathisierte aktiv mit der Politik von Adolf Hitler. So verfasste sie Propagandaschriften für das Auswärtige Amt und war Mitglied der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Ihre Tagebücher zeugen vom Wohlwollen gegenüber der Ideologie und dem Programm der NASAP im Deutschen Reich. Durch ihren Umzug in die Schweiz entging das Ehepaar Hoyer dem Entnazifizierungsverfahren. Ihr Sohn Jurka (Alexander) war als Kameradschaftsführer in der Hitlerjugend aktiv und nahm an der Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz in Salzburg am 30. April 1938 teil. 1945 fiel er im Zweiten Weltkrieg bei Kämpfen um Wien.
20. Jh.
H. 20 mm
Silber, geprägt
T 34520.1
Marianne Luginbühl, Russische Literatur im Thurgau, Alja Rachmanowa, in: bodenständig und grenzenlos, 200 Jahre Thurgauer Frauengeschichte(n), Frauenfeld, 1998, S. 153–155.

Athanase Cottier, Die Wunderbare Medaille der Unbefleckten, Hauteville 2010.

Yvonne Büchner, Die Entstehungsgeschichte der «Wunderbaren Medaille» als Beispiel für die Stellung von Devotionalien in der Römisch Katholischen Kirche, München 2011.

Franz Stadler, Die unterschlagenen Geheimnisse der Milchfrau in Ottakring, in: Zwischenwelt, Literatur / Widerstand / Exil, 35. Jahrgang, Nr. 3, 2018, S. 8–11. https://theodorkramer.at/zwischenwelt/ausgaben/nachtgedanken/, aufgerufen am 21.06.2024.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/russische-schriftstellerin-die-entzauberung-der-alja-100.html, aufgerufen am 21.06.2024.
Schlagwörter: Numismatik, Kunsthandwerk, Hauswirtschaft, Persönliche Accessoires, Religion katholisch, Brauchtum