Münze: 10-Mark-Stück des Grossherzogtums Baden, geprägt in Karlsruhe zur Zeit von Grossherzog Friedrich I. (1856–1907), aus dem Nachlass von Karl Asmund Kappeler (1844–1924), Kaufmann in Kolumbien

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Vs.: Umschrift: «FRIEDRICH GROSHERZOG VON BADEN». In Perl- und Linienkreis das Kopfporträt vom Grossherzog nach links, darunter Münzstättenzeichen «G».
Rs.: Umschrift: «DEUTSCHES – REICH 1893 – (Sternchen) 10 MARK (Sternchen)». In Perl- und Linienkreis bekrönter deutscher Reichsadler nach links, auf Brust Wappen.
Mit der Ausrufung des Deutschen Reichs im Januar 1871 im Spiegelsaal von Schloss Versailles (FRA) entstand der deutsche Nationalstaat, der alle deutschen Monarchien und Freien Städte unter der Führung Preussens im föderalen Gesamtstaat vereinte. Nach und nach wurden auch die unterschiedlichen Währungen der Fürsten in eine einheitliche Reichswährung überführt. Als neue Währung galt die Mark zu 100 Pfennig. Während alle Kleinmünzen bis zum Wert von einer Mark ein identisches Design aufweisen, nahm man bei der Gestaltung der Silber- und Goldmünzen Rücksicht auf den föderalen Aufbau des Reichs. So zeigt die Rückseite dieser Münzen zwar jeweils den bekrönten deutschen Kaiseradler mit einem Brustschild, das Münzbild der Vorderseite war jedoch dem Teilstaat vorbehalten. Da es sich bei der Mehrzahl dieser Länder um Königreiche, Herzogtümer oder Fürstentümer handelte, erscheint üblicherweise auf der Vorderseite der Münzen jeweils das Porträt des regierenden Herrschers. Einzelne Stücke zeigen zudem die Wappen der ehemaligen Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck, welche als Freie Städte Teil des Deutschen Kaiserreichs waren.

Beim vorliegenden Exemplar handelt es sich um eine 10-Mark- Reichsgoldmünze. Diese Goldmünzen des Deutschen Kaiserreichs (1871–1918) wurden in den Jahren 1872 bis 1914 geprägt und in Umlauf gebracht. Ihr Wert entsprach um 1900 in etwa dem Wochenverdienst eines Industriearbeiters.
Die Rückseite der Goldmünze zeigt als verbindendes Element aller deutschen Reichsmünzen jeweils den bekrönten deutschen Reichsadler, mit nach links gewandtem Kopf. Auf der Brust trägt er einen von der Kollane (Ordenskette) des Schwarzen Adlerordens umfassten Wappenschild, der den bekrönten preussischen Adler mit Zepter und Reichsapfel (Symbole der königlichen Macht) zeigt. Dieser präsentiert wiederum das in Silber und Schwarz geviertelte Wappen der Hohenzollern (regierende Dynastie in Preussen und zeitgleich auch das Herrscherhaus des Deutschen Kaiserreichs, das jeweils den deutschen Kaiser stellte). Sowohl der 1701 gegründete preussische Schwarze Adlerorden wie der Preussenadler mit Hohenzollernschild weisen auf die politische Vormachtstellung der Hohenzollern als Könige von Preussen und deutsche Kaiser innerhalb des deutschen Gesamtstaats hin.

Der Adler als kaiserliches Symbol geht auf die römische Antike zurück. Als Begleiter und Bote der höchsten römischen Gottheit, dem Jupiter Capitolinus, war er Sinnbild des kaiserlichen Machtanspruchs. Mit dem Adlerfeldzeichen der römischen Legionen verbreitete sich dieses Zeichen im ganzen Römischen Reich. Das in dessen Tradition stehende mittelalterliche Heilige Römische Reich Deutscher Nation übernahm daher den Adler als Symbol der kaiserlichen Würde. Unter Friedrich I. Barbarossa (1152–1190) erlangte der Adler den Status des Wappentiers des Reichs. 1806 kam es zur Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation und 1871 zur Gründung des Deutschen Kaiserreichs (1871–1918). Letzteres sah sich in der Nachfolge des mittelalterlichen Imperiums und übernahm den Adler als Wappentier. Zudem galt der Vogel in der mittelalterlichen Mythologie als der Sieger über alle anderen Tiere.

Der in Frauenfeld geborene und in St. Gallen zum Kaufmann ausgebildete Kappeler sammelte während seines beruflichen Aufenthalts in Südamerika (um 1876–1891) einen umfangreichen Bestand an wertvollen Münzen. 1897 zog er sich aus dem Geschäftsleben zurück und unternahm ausgiebige Reisen durch Europa, von welchen er Souvenirs mitbrachte. Münzsammlung und Reiseandenken vermachte er testamentarisch dem Historischen Verein des Kantons Thurgau.
1893
D. 19.5 mm
Gold, Prägung
T 6632
Archiv Historisches Museum Thurgau, Akten Historisches Museum 03.17.02, Inventar Sammlung Kappeler (unpaginiert), S. 33.

Paul Arnold, Harald Küthmann, Dirk Steinhilber, Grosser deutscher Münzkatalog von 1800 bis heute, Regenstauf 2005, Nr. 147.
Schlagwörter: Numismatik, Herrschaft, Porträt, Heraldik, Symbol, Tier