Münze: Denar des römischen Kaiserreichs, geprägt in Rom zur Zeit von Kaiser Antoninus Pius (138–161 n. Chr.) für seine Tochter Faustina die Jüngere (130–175 n. Chr.)

zurück

Vs.: Umschrift: «FAVSTINAE AVG – PII AVG FIL» (Faustinae Augustae, Pii Augusti Filia) (An Faustina, die Tochter von Kaiser Augustus [Antoninus]). In Perlkreis Porträtbüste der Faustina der Jüngeren nach rechts, drapiert, mit Locken über dem Ohr bis zur Stirn und einem gerollten und mit Perlband ergänzten Haarknoten auf dem Hinterkopf.
Rs.: Umschrift: «VE – NVS» (Venus). In Perlkreis die römische Liebesgöttin Venus nach links, mit der Linken ein Steuerruder haltend (Symbol für das Navigieren und Lenken des Schicksals), darunter ein Delfin (Attribut der Venus), und in der Rechten einen Apfel (Verweis auf das Urteil des Paris, der die Liebesgöttin als die Schönste kürt und ihr den Apfel übergibt).
Faustina die Jüngere, die Tochter des römischen Kaisers Antoninus Pius und seiner Frau, der Kaiserin Faustina, heiratete 145 n. Chr. mit 15 Jahren aus dynastischen Gründen ihren Cousin und Adoptivbruder Marcus Annius Catilius Severus, den späteren Kaiser Mark Aurel (161–180). Im Jahr 147 wurde Faustina zur Augusta erhoben, zur Kaiserin. Dieser Titel ist in der Umschrift auf der Vorderseite der Münze vermerkt. Die Auszeichnung geschah aus Freude ihres Vaters über die Geburt des ersten Kindes von Faustina und Mark Aurel. Die Umschriften verweisen auf ihre Rolle als Augusta. Dass der Kaiser seiner Tochter den Augusta-Titel verlieh, war aussergewöhnlich, da Faustinas Ehemann Mark Aurel erst 161 n. Chr. zum Kaiser und damit zum Augustus erhoben wurde. Allenfalls bekam Faustina durch die Verleihung des Augusta-Titels das Münzrecht zugesprochen, die Forschung ist sich darüber uneins. Überliefert sind verschiedene Emissionen mit dem Porträt der Kaiserin, die sich in neun verschiedene Bildnis- bzw. Frisurtypen einteilen lassen. Womöglich standen die verschiedenen Ausgaben in Zusammenhang mit den 12–14 Geburten der Kaiserin, wonach eine Niederkunft ein neues Bildnis der Kaiserin auf der Münze zur Folge hatte. Allerdings könnten auch modische Inspirationen den Ausschlag für die Porträtgestaltung gegeben haben. War bei den frühen Bildnissen ein voluminöser, am Hinterkopf hochsitzender Knoten sichtbar, wie beim vorliegenden Stück, lag dieser auf den späteren Prägungen tiefer, mehr im Nacken und war zudem kleiner. Im Weiteren zeigen die älteren Prägungen eine Faustina mit Doppelkinn.
Auf der Rückseite der Münze ist Venus abgebildet, die Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit. Dieses Motiv steht im Zusammenhang mit der Fecunditas von Faustina, da sie als Tochter des Kaisers, der sie zudem mit seinem Adoptivsohn verheiratete, und als Mutter bei der dynastischen Nachfolge eine entscheidende Rolle spielte. Denn Antoninus Pius verfolgte das politische Ziel, seine Herrschaft und die Zukunft seiner Dynastie mittels seiner Tochter Faustina und deren Nachkommenschaft fortzuführen.

Das antike Exemplar war im Besitz der Kantonsschule Frauenfeld, die 1853 eröffnet wurde und im 19. Jh. eine Sammlung pflegte, die neben botanischen, zoologischen und ethnografischen auch numismatische Stücke umfasste. Letztere kuratierte der Kantonsschullehrer Josef Büchi (1849–1921), Altphilologe, Althistoriker und Aktuar des Historischen Vereins des Kantons Thurgau, der die Münzensammlung inventarisierte und dazu den ersten Münzkatalog verfasste, in welchem um die 200 Einzelstücke neben der summarischen Registrierung der 155 im Schaarenwald bei Schlatt ausgegrabenen Exemplare beschrieben sind.
147–150 n. Chr.
D. 19 mm
Silber, Prägung
T 34637
Josef Büchi, Münzinventar, 1893?, S. 49, Nr. 12.

Gustav Büeler, Joseph Büchi (Nachruf) (Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Bd. 60), 1921, S. 92–94.

Harold Mattingly, Edward Allen Sydenham, Antoninus Pius to Commodus (The Roman Imperial Coinage, Bd. 3), London 1930, Nr. 517.

Franziska Knopf, Münzprägungen für Faustina Minor unter der Herrschaft des Antoninus Pius (138–161 n. Chr.), Universität Potsdam, Historisches Institut. https://www.altegeschichte.uni-osnabrueck.de/Kaiserfrauen-auf-Muenzen/faustina-minor%20pius.html, aufgerufen am 25.03.2025.
Schlagwörter: Numismatik, Herrschaft, Porträt, Allegorie, Mythologie, Symbol