Münze: Denar des römischen Kaiserreichs, geprägt in Rom zur Zeit von Kaiser Elagabalus (218–222 n. Chr.), Schenkung von Johann Adam Pupikofer (1797–1882)

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Vs.: Umschrift: «IMP ANTONINVS PIVS AVG» (Imperator Antoninus Pius Augustus). In Perlkreis Porträtbüste von Elagabalus nach rechts, drapiert mit Lorbeerkranz (Symbol des Siegs und Ruhms).
Rs.: Umschrift: «LIBERTAS AVG» (Libertas Augusti). In Perlkreis stehende Libertas (allegorische Gottheit der Freiheit) nach links, in der Linken eine Vindicta (Stab, der wiederum bei der Freilassungszeremonie zum Einsatz kam) und in der Rechten den Pileus (Filzkappe, die ein Sklave nach dem Akt seiner Freilassung trug) haltend, rechts ein kleiner Stern.
Imperator Caesar Marcus Aurelius Antoninus Augustus, der sich den Namen Elagabalus gab, war einer der umstrittensten und schillerndsten römischen Kaiser. Dieser Umstand kam wohl daher, dass er sowohl syrischer Priester als auch römischer Kaiser war.
Geboren als Varius Avitus Bassianus in Syrien in eine Familie mit Priesterfürsten, kam er zur Erziehung nach Rom in die Kaiserfamilie, mit der er verwandt war. Im Alter von 13 Jahren kehrte er 217 n. Chr. nach Emesa (heutiges Homs) in Syrien zurück, um seine Priesterschaft für den Sonnengott Elagabal anzutreten. Sein Amt konnte er allerdings nur kurze Zeit verrichten, denn 218 n. Chr. riefen ihn die dort stationierten römischen Soldaten zum Kaiser aus. Anstatt den herkömmlichen, bei den Römern und Römerinnen fest verankerten Kult mit den traditionellen Gottheiten zu zelebrieren, wandelte der Kaiser die Staatsreligion fundamental um und erhob den syrischen Sonnengott Elagabal – zu dessen Priesterschaft der Kaiser gehörte, weshalb er sich auch Elagabalus nannte – zum höchsten Staatsgott. Zu dessen Ehren wurden zwei Tempel gebaut, einer auf dem Palatin. Dorthin kam das Kultobjekt des Sonnengottes, ein schwarzer Meteoritenstein, der in Emesa verehrt und vom Kaiser nach Rom mitgebracht wurde. Weitere Massnahmen seitens des Kaisers zielten darauf ab, die Kulte und Religionen zu verschmelzen, um eine einheitliche Staatsreligion zu formen. So wurden Idole wie das hl. Feuer der Vesta im Tempel des Sonnengottes platziert und Juden sowie Christen sollten ihre Rituale ebenfalls in diesem Heiligtum abhalten. Die Verehrung des Sonnengottes zog für die Römer und Römerinnen ungewohnte und skandalöse orgiastische Zeremonien mit sich, weshalb der Kaiser 18-jährig gewaltsam aus dem Leben schied.
Die Rückseite der Münze zeigt die Göttin Libertas, die den Römern und Römerinnen die Freiheit garantierte. Die Legende zum Münzbild «Libertas Augusti» bezieht sich allerdings auf eine Freiheit in Verbindung mit dem Regenten, die dank diesem errungen werden konnte. Der Pileus und die Vindicta kamen beim Prozess der Freilassung eines Sklaven zum Einsatz. Der römische Aktführer (Adsertor) berührte den Kandidaten mit dem Vindicta-Stab und erklärt ihn für frei. Nun war es diesem erlaubt, die Toga und den Freiheitshut, den Pileus, zu tragen.
Münzen mit Darstellungen der Libertas wurden zur Abgrenzung von der vergangenen tyrannischen Herrschaft ausgegeben.

Die Münze stammt aus der Sammlung des ersten Kantonsbibliothekars und Staatsarchivars im Thurgau, Johann Adam Pupikofer. Als Gründungspräsident des Historischen Vereins Thurgau war er bemüht, historische Objekte zusammenzutragen und diese dem Verein zu schenken. Darüber hinaus verfasste er eine Fülle von Schriften zur Geschichte des Thurgaus und des Bodenseeraums und war Redaktor der «Thurgauischen Beiträge zur vaterländischen Geschichte».
Das antike Exemplar gelangte in den Besitz der Kantonsschule Frauenfeld, die 1853 eröffnet wurde und im 19. Jh. eine Sammlung pflegte, die neben botanischen, zoologischen und ethnografischen auch numismatische Stücke umfasste. Letztere kuratierte der Kantonsschullehrer Josef Büchi (1849–1921), Altphilologe, Althistoriker und Aktuar des Historischen Vereins des Kantons Thurgau, der die Münzensammlung inventarisierte und dazu den ersten Münzkatalog verfasste, in welchem um die 200 Einzelstücke neben der summarischen Registrierung der 155 im Schaarenwald bei Schlatt ausgegrabenen Exemplare beschrieben sind.
218–222 n. Chr.
D. 20.1 mm
Silber, Prägung
T 34679
Catalog (Inventarium), Thurg. Hist. Sammlung, Hinteres Kantonsschulgebäude 3. Stock in Frauenfeld, Weinfelden 1890, S. 13.

Josef Büchi, Münzinventar, 1893?, S. 25, Nr. 72.55.

Gustav Büeler, Joseph Büchi (Nachruf) (Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Bd. 60), 1921, S. 92–94.

Harold Mattingly, Edward Allen Sydenham, Carol Humphrey Vivian Sutherland, Macrinus to Pupienus (The Roman Imperial Coinage, Bd. 4.2), London 1938, Nr. 107.

Ursula Kampmann, Die Münzen der römischen Kaiserzeit, 2. Auflage, 2011, S. 248.

Hakan Baykal, Elagabal, Im Schutz des falschen Gottes, Spektrum.de, Kultur, 11.03.2022. https://www.spektrum.de/news/elagabal-im-schutz-des-falschen-gottes/1997902, aufgerufen am 01.04.2025.
Schlagwörter: Numismatik, Herrschaft, Porträt, Symbol, Mythologie, Allegorie