Petschaft mit Doppelwappen: Siegelstempel von Franziskus Fröhlicher, letzter Abt des Benediktinerklosters Fischingen (1836–1848), mit Handhabe

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Vs.: «SIG: FRANCISCI: II: ABBATIS FISCHINGEN:» spiegelverkehrt, von auf einem Kissen liegender Mitra mit Infuln (Stoffbänder) überhöhte und mit Girlanden behängte, tingierte (Wappenfarben durch Schraffuren angegeben) Wappenschilde des Klosters Fischingen (zwei gegenläufige Fische) und der Familie Fröhlicher (geteilter Wappenschild, Anker zu einem Kreuz auslaufend, zwischen Stern und Rose, darunter geschachtetes Feld) auf Bodenleiste, dahinter Krummstab. Unter der Bodenleiste die Initialen des Graveurs «CB» und eine dreiteilige Girlande, Rahmung aus Perlkreis.
Rs.: Handhabe aus balustriertem, schlankem Schaft mit polygonalem Fuss auf runder Bodenplatte, oberer Teil des Schafts als quadratischer Dorn mit Seitenlochung geschnitten, welcher zum Anbringen eines hölzernen Griffs diente, die seitliche Lochung des Dorns könnte zur Fixierung des Holzgriffs mittels einer Metallfeder im Innern des Griffs gedient haben.
Die Benediktinerabtei Fischingen wurde kurz vor 1138 durch den Konstanzer Bischof Ulrich II. gegründet und durch Mönche des Konstanzer Klosters Petershausen besiedelt. Besonders im 13. Jh. und während der Barockzeit erlebte das Kloster eine Blütezeit. 1848 erfolgte seine Aufhebung. Nach mehreren Besitzerwechseln übernahm der katholische Männerverein St. Iddazell ab 1879 das ehemalige Kloster und richtete darin ein Waisenhaus und später ein Kinderheim ein. 1976 erfolgte die Umwandlung in eine Sonderschule. 1977 wurde in den Konventsgebäuden, die weiterhin dem Verein St. Iddazell gehörten, wieder ein Benediktiner-Priorat eingerichtet.

Aufgrund der Graveurinitialen «CB» auf der Siegelplatte und der Herstellungszeit des Petschafts kommt vermutlich der Wädenswiler Graveur und Petschaftstecher Johann Jakob Karl Brupbacher zum Holderbaum (1813–1883) als Hersteller in Frage. Mehrere Mitglieder der Familie Brupbacher waren im 18. und 19. Jh. als Petschaftstecher für verschiedene Institutionen und Private tätig. Ihr Wirkungsfeld erstreckte sich dabei vor allem auf die Inner- und Ostschweiz, wo sie mit Musterkoffern häufig unterwegs waren, um Aufträge zu akquirieren.

In der Heraldik bezeichnet der Terminus Tingierung das Verfahren mittels Schraffuren oder Punktierungen die Wappenfarben bei farblosen Wappendarstellungen anzuzeigen. Die heute gültigen Regeln setzten sich erst im Laufe des 17. Jhs. durch, sodass zum Teil bei tingierten Wappendarstellungen aus dieser Zeit noch Abweichungen von den heutigen Regeln vorkommen können.
Vermutlich Brupbacher zum Holderbaum, Johann Jakob Karl (1813–1883), Petschaftstecher und Graveur in Wädenswil
1836–1848
L. 9, D. 3.3 cm
Silber, graviert; Eisen, gegossen, geschmiedet
Mc 122
Conrad Kuhn, Geschichte der thurgauischen Klöster, Fischingen (Thurgovia Sacra, Bd. 2), Frauenfeld 1876, S. 1–139.

Bruno Meyer, Die Äbte des Klosters Fischingen (Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Heft 113, 1976), Frauenfeld 1977, S. 129–130.

Benno Schildknecht, Fischingen (Kloster), in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.01.2005. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000301/2005-01-19/, aufgerufen am 13.07.2022.

https://www.baukultur-waedenswil.ch/archiv-peter-ziegler-1436.html, aufgerufen am 08.02.2023.
Schlagwörter: Herrschaft, Kloster, Justiz, Kunsthandwerk, Kommunikation, Heraldik