Petschaft: Ovaler Siegelstempel der Gerichtskanzlei des Distrikts Weinfelden, mit Handhabe

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Vs.: «DISTRICT WEINFELDEN / CANTON THURGAU», spiegelverkehrt, im Feld zweizeiliger Schriftzug: «GERICHTS / CANZLEY», spiegelverkehrt, über Leiste mit Girlanden. Aussen ovale Perlrahmung.
Rs.: Handhabe aus achteckigem gedrungenem massivem Schaft, mit abgesetztem polygonalem Fuss, welcher zu einer ovalen Bodenplatte ausläuft und aufgesetztem säulensockelartigem Griff aus Messing.
Die durch die Helvetik (1798–1803) eingeführte Einteilung des Kantonsgebiets in Distrikte blieb während der Mediationszeit (1803–1813) weiterhin bestehen. Mit der Restauration (1814–1830) wechselte die Bezeichnung von Distrikt zu Amtsbezirk, um ab 1831 in Bezirk umbenannt zu werden. Analog vollzog sich die Änderung der Bezeichnung des Gerichts auf Bezirksebene von Distriktsgericht (1798–1813) über Amtsgericht (1814–1830) zu Bezirksgericht (ab 1831).
Die Kanzleien der Distriktsgerichte bzw. die Gerichtsschreiber als deren Vorsteher nahmen eine Vielzahl von Aufgaben wahr. Neben der Führung des Briefverkehrs und der Protokollierung der Gerichtsverhandlungen waren sie in Zusammenarbeit mit den Friedensrichtern (Kreisrichtern) dafür zuständig, Kauf-, Tausch- und Schuldverträge sowie Testamente anzufertigen und zu beglaubigen. Ebenso schrieben sie Protokolle und Verzeichnisse zu den getätigten Amtsgeschäften. Ab 1831 wurden die meisten dieser Tätigkeiten den Bezirkskanzleien übertragen und ab 1849/1850 waren dafür definitiv die neugeschaffenen Kreisnotariate zuständig.
Der Kanton Thurgau bestand ab 1798 aus sieben (Arbon, Bischofszell, Gottlieben, Frauenfeld, Steckborn, Tobel und Weinfelden) und seit 1800 aus acht (Diessenhofen) Distrikten. Seit dem 1. Januar 2011 zählt der Thurgau noch fünf Bezirke: Arbon, Frauenfeld, Kreuzlingen, Münchwilen und Weinfelden.

Aufgrund der Bezeichnung «DISTRICT» und dem Fehlen der in der Helvetik (1798–1803) beliebten Darstellung von Wilhelm Tell auf dem Siegelstempel lässt sich dessen Entstehungs- bzw. Gebrauchszeit auf die Epoche der Mediation (1803–1813) begrenzen.
1803–1813
L. 5.3, B. 3.5, H. 2.8 cm
Eisen, gegossen, geschmiedet, graviert, punziert, poliert; Messing, gegossen, ziseliert, gelötet
Mc 76
Tagblatt der Beschlüsse, Dekrete und Verordnungen, welche von dem Grossen und dem Kleinen Rath des Kantons Thurgau ausgegangen, Teil 2, Frauenfeld 1804, S. 90–108.
Schlagwörter: Sphragistik, Kunsthandwerk, Staatliche Institutionen, Kommunikation, Justiz