Petschaft: Ovaler Siegelstempel der Kanzlei vom Appellationsgericht des Kantons Thurgau, mit Handhabe

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Vs.: «CANZLEY D. APPELLATIONS GERICHT», spiegelverkehrt, im Feld zweizeiliger Schriftzug: «CANTON / THURGAU», spiegelverkehrt, zwischen dreiteiliger Girlande und mit Tüchern behängter Konsole. Ovaler Blattkranz als Aussenrahmung.
Rs.: Handhabe aus achteckigem gedrungenem massivem Schaft, mit abgesetztem polygonalem Fuss, welcher zu einer ovalen Bodenplatte ausläuft.
1803 wurde das Appellationsgericht mit 13 Mitgliedern als höchste richterliche Instanz im Kanton Thurgau geschaffen. Ihm oblag als einzige juristische Instanz die Urteilsfindung bei Strafprozessen, in denen dem Angeklagten die Todesstrafe oder mindestens eine 20-jährige Zuchthausstrafe drohten. Gleichzeitig konnten Urteile der Distriktsgerichte in Zivilangelegenheiten (Streitigkeiten zwischen Bürgern) und Strafgerichtsurteilen (Verbrechen gegen Besitz und Leben) des erstinstanzlichen Kriminalgerichts von der unterlegenen Partei ans Appellationsgericht weitergezogen werden. Mit der Verfassung von 1814 wandelte sich der Name von Appellationsgericht zu Obergericht.

Zu den Aufgaben der Kanzlei gehörten u.a. die Führung des gesamten Schriftverkehrs, die Protokollführung bei Gerichtsverhandlungen und die Ausstellung von Gerichtsdokumenten.

Der vorliegende Siegelstempel lässt sich aufgrund des entsprechenden Eintrags in der Staatsrechnung des Kantons Thurgau der Jahre 1804/1805 genau datieren. Unter dem Datum vom 25. Mai 1804 erscheint ein Ausgabenposten von 66 Gulden an den Graveur Balthasar Vorster von Diessenhofen für mehrere Siegelstempel, wovon einer für die Kanzlei des Appellationsgerichts bestimmt war.
Vorster, Balthasar (1749–1826), Graveur und Petschaftstecher in Diessenhofen
1804
L. 4.7, B. 3.1, H. 3.4 cm
Eisen, gegossen, geschmiedet, graviert, punziert, poliert
Mc 17
Tagblatt der Beschlüsse, Dekrete und Verordnungen u. welche zufolge der Mediations Akte von der Regierungs=Commission und von dem Grossen und dem Kleinem Rath des Kantons Thurgau ausgegangen, Erster Theil, Frauenfeld 1803, S. 193–199.

Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben der Regierung des Cantons Thurgau vom 25. April 1804 bis 1. April 1805 (Staatsrechnung), Staatsarchiv Thurgau (StATG) 4'305'1.

Leonard Forrer, Biographical Dictionary of Medallists, Coin, Gem, and Seal-Engravers, Mint-Masters, & c., Ancient and Modern with references to their works, B.C. 500 – A.D. 1900, London 1902–1930, Bd. 6, S. 312–313 (Balthasar Vorster).

Bruno Meyer, Geschichte des thurgauischen Staatsarchives, in: Festgabe für Regierungsrat Anton Schmid zu seinem 25. Amtsjahre als Mitglied der thurgauischen Kantonsregierung, Frauenfeld 1942, S. 119–187, bes. S. 140 und S. 142.
Schlagwörter: Sphragistik, Kunstgewerbe, Staatliche Institutionen, Kommunikation, Justiz