Petschaft: Ovaler Siegelstempel des Evangelischen Ratskollegiums des Kleinen Rates des Kantons Thurgau, mit Handhabe

zurück

Vs.: «CANTON THURGAU / - EVANGELISCHES KL. RATHS COLLEGIUM -», spiegelverkehrt, tingierter Thurgauer Wappenschild (unteres Feld schraffiert). Aussen ovale Linienrahmung.
Rs.: Handhabe aus achteckigem, gedrungenem, massivem Schaft, mit abgesetztem, polygonalem Fuss, welcher zu einer ovalen Bodenplatte ausläuft.
Das kirchenpolitische Gesetz vom 17. Juni 1803, erlassen vom Kleinen Rat, trug den konfessionellen Strukturen im Thurgau Rechnung. Sowohl der Kleine Rat (Exekutive) als auch der Grosse Rat (Legislative) wurde in zwei nach den Konfessionen (evangelisch und katholisch) getrennte Ratskollegien aufgeteilt, welche bei konfessionellen Fragen jeweils unter sich berieten. Erst mit der Verfassung von 1869 wurden die getrennten Kollegien im Parlament und in der Regierung definitiv aufgelöst.

Der vorliegende Siegelstempel lässt sich aufgrund eines Eintrags in der Staatsrechnung des Kantons Thurgau auf 1817 datieren, da damals der Graveur Vorster von Diessenhofen für die Anfertigung der Siegelstempel für beide Ratskollegien 28 Gulden erhielt.

In der Heraldik bezeichnet der Terminus Tingierung das Verfahren mittels Schraffuren oder Punktierungen die Wappenfarben bei farblosen Wappendarstellungen anzuzeigen. Die heute gültigen Regeln setzten sich jedoch erst im Laufe des 17. Jhs. durch, sodass zum Teil bei tingierten Wappendarstellungen aus dieser Zeit noch Abweichungen von den heutigen Regeln vorkommen können.
Vorster, Balthasar (1749–1826), Graveur und Petschaftstecher in Diessenhofen
1817
L. 5.3, B. 3.7, H. 4.1 cm
Eisen, gegossen, geschmiedet, graviert, punziert, poliert
Mc 23
Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben des Kleinen Raths des Cantons Thurgau pro 1817, Staatsarchiv Thurgau (StATG) 4'305'14, S. 139.

Leonard Forrer, Biographical Dictionary of Medallists, Coin, Gem, and Seal-Engravers, Mint-Masters, & c., Ancient and Modern with references to their works, B.C. 500 – A.D. 1900, London 1902–1930, Bd. 6, S. 312–313 (Balthasar Vorster).

Kurt Fritsche, Staat und Kirche im Thurgau während der Restaurationszeit (1814–1830), I. Teil (Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Bd. 110), 1972, S. 5–144, bes. S. 11.
Schlagwörter: Sphragistik, Kunsthandwerk, Staatliche Institution, Religion protestantisch, Kommunikation, Justiz, Heraldik