Petschaft: Ovaler Siegelstempel des Kreisamts Eschenz, mit Handhabe

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Vs.: «KREIS=AMT ESCHENZ», spiegelverkehrt, Thurgauer Wappenschild zwischen zwei gekreuzten Lorbeerzweigen auf schmalem Grund, darunter Schriftzug: «C. THURGAU», spiegelverkehrt. Aussen ovale Linienrahmung.
Rs.: Handhabe aus achteckigem gedrungenem massivem Schaft, mit abgesetztem polygonalem Fuss, welcher zu einer ovalen Bodenplatte ausläuft.
Die Mediationsverfassung von 1803 schrieb den neugeschaffenen Kantonen (Aargau, Graubünden, St. Gallen, Tessin, Thurgau, Waadt) die Einführung von administrativen Kreisen als staatliche Instanzen zwischen den Distrikten und Munizipalitäten (Einwohnergemeinden) vor. Die Kreise übernahmen Aufgaben der untersten Gerichtsebene sowie Verwaltungstätigkeiten. In den Kantonen Aargau und Thurgau ersetzten die Kreise mit den dazugehörigen Kreisgerichten die früheren Niedergerichte.
Mit der Restaurationsverfassung von 1814/1816 wurde die Kreiseinteilung und deren Kompetenzen im Thurgau bestätigt. Der Kanton wurde in acht Amtsbezirke mit 32 Kreisen unterteilt. Jeder Kreis umfasste jeweils mehrere Munizipalgemeinden (zuvor Munizipalitäten). Als Kreisbehörde fungierte jeweils das Kreisamt, an dessen Spitze der Kreisamtmann stand. Dieser wurde vom Kleinen Rat (Regierung des Kantons Thurgau) aus denjenigen Bürgern des jeweiligen Kreises gewählt, die mindestens 1000 Gulden versteuerten. Seine Amtsdauer betrug sechs Jahre. Er unterstand dem Oberamtmann, welcher dem Amtsbezirk vorstand. Analog der Funktion des Oberamtmanns in seinem Amtsbezirk war der Kreisamtmann verantwortlich für die Wahrung von Ruhe und Ordnung sowie für die Umsetzung der Gesetze und Verordnungen auf Kreisebene. Er beaufsichtigte die Verwaltung der Gemeinden und verantwortete die Wahlversammlungen auf Kreisebene sowie als Vorsitzender die Rechtsprechung des Kreisgerichts.
Mit der neuen Verfassung von 1849 übernahmen die Bezirksgerichte wesentliche Kompetenzen der Kreisgerichte, die bis 2016 Funktionen des Friedensrichters, der Notariate sowie der Betreibungs- und Grundbuchämter ausführten. Seit dem 1. Juni 2016 zählt zu jedem Bezirk noch ein Friedensrichter- und Betreibungsamt sowie ein Notariat und Grundbuchamt.

Der vorliegende Siegelstempel lässt sich aufgrund eines Eintrags in der Staatsrechnung des Kantons Thurgau auf das Jahr 1816 datieren. In jenem Jahr erhielten der Diessenhofer Graveur und Petschaftstecher Balthasar Vorster und der Graveur Hanhart insgesamt 259 Gulden und 12 Kreuzer für das Gravieren von 32 Siegelstempeln für die Kreisämter, wobei Vorster 23 und Hanhart 9 Stücke herstellte.
1816
L. 5, B. 3.1, H. 3.4 cm
Eisen, gegossen, geschmiedet, graviert, punziert, poliert
Mc 49
Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben des Kleinen Raths des Cantons Thurgau pro 1816 (Staatsrechnung), Staatsarchiv Thurgau (StATG) 4'305'13, S. 141.

Offizielle Sammlung der Geseze und Verordnungen für den Kanton Thurgau, Bd. 1, Heft 1, o. O. 1817.

Albert Schoop, Geschichte des Kantons Thurgau, Bd. 1, Frauenfeld 1987, S. 90–91.

Anne-Marie Dubler, Kreise, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.11.2008. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010361/2008-11-04/, aufgerufen am 25.01.2023.

Staatsarchiv des Kantons Thurgau, Beständeübersicht, bearbeitet von André Salathé, Frauenfeld 2015, S. 141. https://staatsarchiv.tg.ch/de/recherche/recherche.html/14132.
Schlagwörter: Sphragistik, Kunsthandwerk, Staatliche Institutionen, Heraldik, Kommunikation, Justiz