Petschaft: Ovaler Siegelstempel von Jakob Tuchschmid-Zimmermann (1822–1895) von Thundorf, mit Handhabe

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Vs.: «I TUCHSCHMID», spiegelverkehrt, von bekröntem Bügelhelm mit wallender Helmdecke und Helmzier (zwei Büffelhörner) überhöhter tingierter (schraffierter) Wappenschild der Familie Tuchschmid (zweigeteilter Wappenschild, oben Hüftbild von vorne, unten zwei Schrägbalken in Rot auf blauem Grund). Aussen einfache Linienrahmung.
Rs.: Gedrechselte hölzerne Handhabe mit pilzförmigem Griff und balustriertem Schaft mit abgesetztem ovalem wulstartigem Fuss. Ovale Siegelstempelplatte aus Messing an ovale eiserne Platte gelötet, welche mittels eines Dorns mit dem Fuss der Handhabe verbunden ist.

Im Namen «I TUCHSCHMID» lassen sich bei den Buchstaben «HS» jeweils Punzierungsfehler des Petschaftstechers beobachten. Unter dem H und S erscheinen die Konturen anderer, zunächst eingeschlagener Buchstaben, welche nachträglich überpunzt wurden.
Jakob Tuchschmid-Zimmermann (1822–1895) betrieb ab 1849 in Thundorf eine Schlosserei. Bereits in dieser Zeit entstanden die gusseisernen bekannten Kochherde, die 1856 an der zweiten thurgauischen Gewerbeausstellung prämiert wurden.
1862 baute Tuchschmid an der Thundorferstrasse 15 in Frauenfeld eine Werkstatt auf, in welcher vorwiegend Produkte der Kunstschlosserei geschmiedet wurden. 1866 ernannte der thurgauische Regierungsrat Tuchschmid zum Eichmeister des Bezirks Frauenfeld. Um 1900 vollzog sein gleichnamiger Sohn den Schritt von der handwerklich ausgerichteten Kunstschlosserei zum mechanischen Industriebetrieb für Baukonstruktionen. Die Firma fasste schnell Fuss in der boomenden Zürcher Baubranche. Die Produktionsstätte musste abermals vergrössert werden, weshalb eine Liegenschaft auf dem Bleicheareal bezogen wurde.
1949 expandierte der Betrieb an den Ostrand der Stadt Frauenfeld auf die Allmend, wo inmitten von Feldern, Wiesen und Obstgärten Fabrikhallen und Bürogebäude errichtet wurden. Ab den 1950er-Jahren entwickelte sich Tuchschmid zu einem internationalen Unternehmen für Bauteile aus Stahl und Aluminium. 1973 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. 2019 ging die Firma Konkurs.

In der Heraldik bezeichnet der Terminus Tingierung das Verfahren mittels Schraffuren oder Punktierungen die Wappenfarben bei farblosen Wappendarstellungen anzuzeigen. Die heute gültigen Regeln setzten sich jedoch erst im Laufe des 17. Jhs. durch, sodass zum Teil bei tingierten Wappendarstellungen aus dieser Zeit noch Abweichungen von den heutigen Regeln vorkommen können.
um 1840/1850
H. 7.3, B. 2.0, T. 2.6 cm
Messing, graviert, punziert; Eisen, gelötet; Holz, gedrechselt
T 26209.1
Erich Trösch, Tuchschmid, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.11.2012. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/030486/2012-11-29/, aufgerufen am 25.08.2023.
Schlagwörter: Sphragistik, Kunsthandwerk, Persönliche Schreiben, Kommunikation, Justiz, Heraldik