Petschaft: Runder Siegelstempel des Benediktinerinnenklosters Münsterlingen mit der Darstellung der hl. Walburga, mit Handhabe

zurück

Vs.: «SIGIL (Raute) CONVENTVS (Raute) MYSTERLINGENSIS (Raute)», spiegelverkehrt, die stehende hl. Walburga in Ordenstracht mit Nimbus und Krone von vorne, Krummstab und Buch mit Ölfläschchen haltend, zu ihren Füssen schräggestellter tingierter Münsterlinger Wappenschild, im Feld Ranken, Rahmung mit Eierstab.
Rs.: Eiserne Handhabe aus achteckigem schlankem, nach unten sich verjüngendem Schaft mit polygonal auslaufendem rundem Fuss. Siegelplatte aus Silber an den Fuss gelötet. Nachträglich angebrachte Einkerbungen am Rand des Fusses und der Siegelplatte zur Ausrichtung derselben beim Siegeln.
Der Überlieferung nach wurde das Kloster Münsterlingen von einer Schwester des Einsiedler Abts Gregor (964–996) gegründet und der hl. Walburga geweiht. Folgerichtig erscheint auf der Petschaft die Heilige in ihrem Ornat und den Attributen Krone, Krummstab, Buch und Ölfläschchen. Gemäss Legende war die hl. Walburga die Tochter des angelsächsischen Königs Richard von Wessex und folgte ihren Brüdern Wunibald und Willibald in die Frankenmission nach Deutschland, wo sie dem Kloster Heidenheim vorstand und um 780 verstarb.

Sowohl der äussere Eierstab als auch die stilistische Ausführung des Siegelbildes sowie die Verwendung von Silber als Material der Siegelplatte finden sich ebenfalls beim Petschaft des Benediktinerkonvents Fischingen (Mc 119). Diese Indizien verweisen auf den gleichen Petschaftstecher und eine annähernd zeitgleiche Datierung.

In der Heraldik bezeichnet der Terminus Tingierung das Verfahren mittels Schraffuren oder Punktierungen die Wappenfarben bei farblosen Wappendarstellungen anzuzeigen. Die heute gültigen Regeln setzten sich erst im Laufe des 17. Jhs. durch, sodass zum Teil bei tingierten Wappendarstellungen aus dieser Zeit noch Abweichungen von den heutigen Regeln vorkommen können.
17. Jh.
L. 4.7, D. 3.5 cm
Silber, graviert, punziert; Eisen, gegossen, geschmiedet, gelötet
T 158
Schlagwörter: Sphragistik, Kunsthandwerk, Kloster, Kommunikation, Justiz, Heraldik, Religion