Repetierer mit Gradzugverschluss nach dem System Schmidt-Rubin, Infanteriegewehr Modell 1908/1911 der Schweizer Armee, Musterwaffe, mit nummergleichem Dolchbajonett Modell 1899, aus dem Arsenal des Kantonalen Zeughauses Frauenfeld

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Runder brünierter Lauf mit vier Zügen, Verschluss mit Drehhülse und vorne liegenden Verriegelungswarzen mit braunem Bakelitgriff, Leitkurvenvisier für Stellung von 300 bis 2000 m, Rechteckkorn auf quer zum Lauf eingeschobenem Kornträger, Oberband mit Klemmschraube rechts und Stift links sowie Bajonetthaft unten, Pyramidenstift (für die Formierung einer Gewehrpyramide während der Pause), Unterband mit Klemmschraube links, Federhalterung und Riemenbügel unten, runder angeschraubter Bügel, angeschraubtes Bügelblatt, hinterer Riemenbügel auf angeschraubtem Montageband, leicht geschwungener Kolbenabschluss mit angeschraubter Kolbenkappe. Vollschäftung mit Handschutz und Pistolengriff am Kolben. Abnehmbares zweireihiges Kastenmagazin für sechs Patronen.
Brauner lederner, auf Haarseite lackierter Tragriemen, vorne verstellbar, mit zwei Doppelniet-Knöpfen, der Hintere schwarz, am Vorderen noch Spuren von schwarzer Farbe. Stempel «RUD. JORDI SATTLER ZÄZIWIL» elliptisch gerahmt, Jahreszahl «1932».
Laufdeckel aus Messing, mit gepunztem Schweizerkreuz und «L», eiserne Feder mit Kornschutzkappe mit Haftbügel.

Schläge: Waffennummer «438» je auf Lauf, Verschlusshülse, Verschluss, Kornträger und Magazinkasten. Auf Lauf «7,5 – 270» (Kaliber und Angabe zum Beschussbild, Angabe zur Präzision des Schusses) und Beschussstempel «B», auf Visierblatt und -schieber je «36», Abnahmestempel für Bestandteile in Form von Schweizerkreuz je auf Lauf, Pyramidenstift, Verschlusshülse, Verschluss (zwei Mal), Riegelgriff, Unterband, Schlosskasten, Abschlussband vom Handschutz, Bügel, Montageband des Bügels wie des hinteren Riemenbügels. Stempel der eidg. Waffenkontrolle in Form von Schweizerkreuz im Schild je auf Kolben und Vorderschaft. Auf Korn «N».

Bajonett mit vierkantiger Parierstange mit Loch, Stahlgriff mit beidseitig naturbraunen Holzplatten und einschneidiger Klinge mit beidseitigem Hohlschliff. Geschwärzte Stahlscheide mit Lederstrippe an Bügel (zur Befestigung mittels Rollschnalle am Futteral), Ortsknopf.
Schläge auf Klinge «WAFFENFABRIK NEUHAUSEN» (Hersteller). Auf Parierstange Waffennummer «438», Schweizerkreuz auf Parierstange und Ortsknopf.

Munition: GP 11
Kaliber: 7.5 mm
Ab 1889 wurde die Schweizer Armee mit Karabinern nach dem System Schmidt-Rubin ausgerüstet. Eduard Rubin (1846–1920), Maschineningenieur, Oberst und Direktor der Eidgenössischen Munitionsfabrik Thun, entwickelte in Zusammenarbeit mit Rudolf Schmidt (1832–1898), Oberst und Direktor der Eidgenössischen Waffenfabrik Bern, einen Gewehrtypus mit Gradzugsystem für Vollmantelgeschosse, wobei Schmidt für die Konstruktion des Verschlusses und Rubin für jene der Patrone verantwortlich war.

Ab 1905 wurde eine neue Patrone mit Spitzgeschoss und verbessertem Pulver entwickelt. 1907 war das Projekt zufriedenstellend abgeschlossen und die Munition VGP (Versuchsgewehr-Patrone) 07, später VGP 08, ging in Produktion. In den kommenden Jahren baute die Eidgenössische Waffenfabrik Bern Gewehre um und fertigte neue Versuchswaffen an, um das optimale Modell für die neue Patrone zu entwickeln. 1909 schliesslich veranlasste der Bundesrat die Einführung der Versuchswaffe 1908 und bewilligte den Ankauf von 900 Gewehren mit den Nrn. 1–900. Das vorliegende Exemplar mit der Nr. 438 gehörte zu dieser Bestellung. Aufgrund seiner tiefen Waffennummer diente es vermutlich im Zeughaus in Frauenfeld als Musterexemplar, um Bestandteile für die Reparatur von Waffen anfertigen zu können.
In der Folge wurde dieses Gewehrmodell als Infanteriegewehr 1911 bezeichnet. Die Waffenfabrik Bern stellte es bis 1919 für die Armee her. Teile des Landsturms und der Landwehr waren noch während des Zweiten Weltkriegs mit dieser Waffe ausgerüstet.

Mit der bundesweiten Betriebszusammenlegung der kantonalen und eidgenössischen Zeughäuser vom 01.01.2003 (Armeereform XXI) ging die Tradition, ausgemusterte Waffen und Ausrüstungsgegenstände im Zeughaus aufzubewahren, zu Ende.
Im Kanton Thurgau kamen ca. 5000 Zeughaus-Objekte zusammen, die eine Sammlung von kantonaler Bedeutung bilden. Die ältesten Stücke gehen ins 18. Jhs. zurück, die Mehrheit der dort gesammelten Militaria stammt aus der Zeit von 1850 bis in die Gegenwart. Dazu gehören Waffen, Uniformen und Gegenstände der persönlichen Ausrüstung, Geschütze sowie Zeugen des Kadettenwesens.
SIG (Schweizerische Industrie-Gesellschaft) (*1853), Hersteller von Waffen, Automobilen und Waggons in Neuhausen (SH)

Jordi, Rudolf (*1906), Sattlerei in Zäziwil (BE), heute Jordi Innendekoration
um 1908
L. 131 cm, Lauf L. 78
Stahl, brüniert; Eisen; Nussbaumholz; Messing; Leder
T 40372
Kurt Sallaz, Michael am Rhyn, Handfeuerwaffen Gradzug-Systeme(Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, Bd. 4), Dietikon-Zürich 1978, S. 36–39, 106.

Hugo Schneider, Michael am Rhyn, Eidgenössische Handfeuerwaffen(Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, Bd. 2), Dietikon-Zürich 1979, S. 153, 165.

Clément Bosson, Die Waffen der Schweizer Soldaten, Die persönliche Bewaffnung der Schweizer Soldaten damals und heute, Stuttgart 1982, 131–134.

Ernst Grenacher, Schweizer Militärgewehre Hinterladung 1860–1990, 2015, S. 431–443, 451, 453.

Martin Christen, Zäziwil – Stabwechsel bei Jordi Innendekoration, Offene Türen und neues Bettenstudio, in: Bern Ost, erstellt am 22.10.2011. https://www.bern-ost.ch/Zaeziwil---Stabwechsel-bei-Jordi-Innendekoration-Offene-Tueren-und-neues-Bettenstudio-22323, aufgerufen am 24.07.2023.
Schlagwörter: Militaria, Waffen, Industrie, Gewerbe