Repetierkarabiner der Schweizer Kavallerie, Gewehr mit Gradzugverschluss nach dem System Schmidt-Rubin, Musterexemplar, Modell 1905, aus dem Arsenal des Kantonalen Zeughauses Frauenfeld

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Lauf mit drei Zügen, Verschluss mit Drehhülse und vorne liegenden Verriegelungswarzen, Riegelschieber mit rotbraunem Riegelgriff aus Canevasit, Klapp- und Quadrantenvisier für Stellung von 200 bis 1500 m, auf Oberband zwischen Kornbacken quer zur Laufachse eingeschobenes Dachkorn, quer zur Laufachse geschraubtes Oberband, Unterband mit Federhalterung und Riemenöse rechts, runder angeschraubter Bügel, angeschraubtes Bügelblatt, leicht geschwungener Kolbenabschluss mit angeschraubter Kolbenkappe. Vollschäftung mit Pistolengriff und Handschutz. Kolben mit Durchbruch und Aussparung für Tragriemen. Abnehmbares zweireihiges Kastenmagazin für sechs Patronen.
Alle Metallteile ausser Schlagbolzen, Verschluss und Riegelschieber sind brüniert.

Schläge: Auf Verschlusshülse «P 2» und Beschussstempel in Form von ligiertem gegenläufigem «BP». Abnahmestempel in Form eines Schweizerkreuzes je auf Verschlusshülse, Verschluss, Griff des Riegelschiebers, Bügel, Bügelblatt, Magazinkasten, Kolbenkappe, Lauf, Visierblatt, Ober- und Unterband. Auf Verschluss, Magazinkasten und Riegelgriff je die Waffennummer «2». Auf Kolben und Oberschaft je Kontrollstempel der eidg. Waffenkontrolle in Form von einem Schweizerkreuz in Schild.

Munition: GP 90, 90/03, 90/23.
Kaliber: 7.5 mm
Die 1871 gegründete Waffenfabrik Bern (W+F) stellte Faust- und Handfeuerwaffen her und war dem Militärdepartement unterstellt. 1999 erfolgte die Namensänderung in RUAG (Rüstungsunternehmen-Aktiengesellschaft). Von Anfang an war die Firma in komplexe und logistisch anspruchsvolle Projekte hinsichtlich einer zeitgemässen Ausrüstung des eidgenössischen Bundesheeres eingebunden, wie bei der Ausstattung des Heers mit Gradzugverschluss-Gewehren.

Ab 1889 wurde die Schweizer Armee mit Karabinern nach dem System Schmidt-Rubin ausgerüstet. Eduard Rubin (1846–1920), Maschineningenieur, Oberst und Direktor der Eidgenössischen Munitionsfabrik Thun, entwickelte in Zusammenarbeit mit Rudolf Schmidt (1832–1898), Oberst und Direktor der Eidgenössischen Waffenfabrik Bern, einen Gewehrtypus mit Gradzugsystem für Vollmantelgeschosse, wobei Schmidt für den Verschluss und Rubin für die Patrone verantwortlich zeichnete. Vom Modell 1905 wurden 7900 Stück produziert und die meisten davon bis 1920 zum Modell 1911 umgebaut.
Das vorliegende Exemplar mit der Waffennummer «2» gehört zu den 810 Karabinern, welche 1906 die Waffenfabrik Bern als Musterwaffen anfertigte. Zwar bewilligte der Bundesrat 1905 die Einführung des Modells 1905, die definitiven Anforderungen an die Waffe legte die Regierung jedoch erst 1907, nach der Testphase, fest. Auf der Verschlusshülse ist zudem die Angabe «P. 2» gestempelt, was darauf hinweist, dass der Karabiner zwischen 1906 und 1914 an eine Behörde oder eine Privatperson ausgehändigt wurde.

Mit der bundesweiten Betriebszusammenlegung der kantonalen und eidgenössischen Zeughäuser vom 01.01.2003 (Armeereform XXI) ging die Tradition, ausgemusterte Waffen und Ausrüstungsgegenstände im Zeughaus aufzubewahren, zu Ende.
Im Kanton Thurgau kamen ca. 5000 Zeughaus-Objekte zusammen, die eine Sammlung von kantonaler Bedeutung bilden. Die ältesten Stücke gehen ins 18. Jhs. zurück, die Mehrheit der dort gesammelten Militaria stammt aus der Zeit von 1850 bis in die Gegenwart. Dazu gehören Waffen, Uniformen und Gegenstände der persönlichen Ausrüstung, Geschütze sowie Zeugen des Kadettenwesens.
Eidgenössische Waffenfabrik Bern (W+F), heutige RUAG, gegründet 1871 in Bern
ab 1906
L. 107 cm, Lauf L. 55 cm
Stahl, brüniert; Eisen; Nussbaumholz
T 40226
Kurt Sallaz, Michael am Rhyn, Handfeuerwaffen Gradzug-Systeme (Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, Bd. 4), Dietikon-Zürich 1978, S. 34–35, 58, 97.

Ernst Grenacher, Schweizer Militärgewehre Hinterladung 1860–1990, 2015, S. 417–420, 429.
Schlagwörter: Militaria, Waffen, Industrie