Runder Briefbeschwerer aus Alabaster mit runder Plakette des hl. Franziskus von Assisi (Wallfahrtsandenken), aus dem Nachlass der Schriftstellerin Alja Rachmanowa

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Niedriger Alabasterzylinder mit applizierter Plakette.
Medaille: Vs.: Umschrift: «S . FRANCISCUS – ASSISIENSIS». Halbfigur des Heiligen in Dreiviertel nach links in Franziskanertracht, die Arme in Gebetshaltung auf der Brust gekreuzt, den Kopf nach unten geneigt, im Hintergrund die Basilika von San Francesco in Assisi, links Signatur «GD», rechts in Kursivschrift Künstlername: «Tschudin».
Der hl. Franziskus von Assisi (1181/1182–1226) gehört zu den populärsten Heiligen der katholischen Kirche. Als Ordensgründer der Franziskaner (Minderbrüder) und als Mitbegründer des Frauenordens der Klarissen folgte er dem Armutsgebot Christi. Sehr schnell breitete sich der Franziskanerorden in Europa aus. Nach dem Tod von Franziskus wurde seine Grabstätte ein vielbesuchter Wallfahrtsort (Basilica di San Francesco), der noch heute unzählige Pilger und Touristen aus aller Welt anzieht.

Der französische Medailleur und Bildhauer Raymond Tschudin (1916–1998) hat ein umfangreiches Werk an Medaillen und Plaketten mit meist religiösen Sujets hinterlassen. 1945 gewann er den Prix de Rome der Académie des Beaux-Arts in der Sparte Medaillengravur mit dem dazugehörigen mehrjährigen Stipendium mit Aufenthalt in der Villa Medici in Rom. Möglicherweise entstand während dieses Italienaufenthalts (1946–1949) der Entwurf zur Plakette mit dem Heiligen.

Die Schriftstellerin Alja Rachmanowa lebte von 1949 bis zu ihrem Tod 1991 im Thurgauischen Ettenhausen. Mittels Legat vermachte sie dem Kanton Thurgau ihren gesamten Nachlass, der sich im Staatsarchiv, in der Kantonsbibliothek und im Historischen Museum Thurgau befindet.
Die als Galina Djuragin 1898 im russischen Kasli im südöstlichen Ural geborene Dichterin thematisiert in ihren Schriften u.a. die russischen Revolutionswirren. Seit 1921 mit dem österreichischen Sprachwissenschaftler und Aristokrat Arnulf von Hoyer verheiratet, emigrierte Rachmanowa mit Mann und Sohn 1926 nach Österreich und lebte bis 1945 in Salzburg. Um 1931 konvertierte sie vom russisch-orthodoxen zum katholischen Glauben. In ihrem Nachlass befinden sich zahlreiche Gegenstände mit religiösen Bezügen. Rachmanowa sympathisierte aktiv mit der Politik von Adolf Hitler. So verfasste sie Propagandaschriften für das Auswärtige Amt und war Mitglied der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Ihre Tagebücher zeugen vom Wohlwollen gegenüber der Ideologie und dem Programm der NASAP im Deutschen Reich. Durch ihren Umzug in die Schweiz entging das Ehepaar Hoyer dem Entnazifizierungsverfahren. Ihr Sohn Jurka (Alexander) war als Kameradschaftsführer in der Hitlerjugend aktiv und nahm an der Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz in Salzburg am 30. April 1938 teil. 1945 fiel er im Zweiten Weltkrieg bei Kämpfen um Wien.
Tschudin, Raymond (1916–1998), Bildhauer und Medailleur, Frankreich
Mitte 20. Jh.
D. 71, T. 20 mm
Bronze, geprägt, geklebt; Alabaster, geschnitten, poliert
T 34307
Emanuel Bénézit, Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous les pays, Bd. 10, Paris 1976, S. 297.

Marianne Luginbühl, Russische Literatur im Thurgau, Alja Rachmanowa, in: bodenständig und grenzenlos, 200 Jahre Thurgauer Frauengeschichte(n), Frauenfeld, 1998, S. 153–155.
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