Sakrales Gerät: Vortragekreuz für die heilige Messe in der Klosterkirche Ittingen mit vollplastischem Korpus Christi, plastisch gestalteten Evangelisten und zu Lilien geformten Kreuzenden

zurück

Lilienförmige, mit Glasflüssen besetzte Kreuzenden, filigrane, den Kreuzstamm zierende Efeuranken, vor Kreuzenden Vierpässe mit den vier, an Lesepulten sitzenden Evangelisten auf rotem Grund.
Symbole auf der Rückseite kennzeichnen sie als Johannes (oben), Lukas (links), Matthäus (rechts) und Markus (unten).

Der Fuss ist nicht zugehörig. Er stammt von einem Reliquiar und wurde 1592 von Johannes Renner in Wil geschaffen. Er weist eine langgezogene Achtpassform auf und zeigt in zwei grossen Medaillons die Opferung Isaaks sowie Moses mit der ehernen Schlange. Vier kleine Medaillons enthalten Bildnisse der Kirchenväter Gregor, Hieronymus, Ambrosius und Augustinus.

Inschriften: «S. ROMANI MARTIRIS + / S. GALLI CONFERSSOR [sic!] + S. BLAY EPISCOPI: / S. OTHMAK ABAT + DE QUERCU MAM / BRA UBI ABRAHAM VIDIT DOMINI / JOHANNES RENNER MEFECIT / ANNO 1592».
«DE: SA LIGNO CRUCIS + S./PHILIPI APOSTOLI / DE PRAESEPE DOMINI: + S. MATHEI APOSTOLI / DE LAPIDE ASCENSION CRI + S. VINCENTI MART / DE VESTE BEATE MA VIR + S. BARTHOL. APO / S. LAURENTY MARTY + SS UNCTECTIM MILIUM / VIRGINUM»
Der Kanton Thurgau hob im 19. Jh. die Klöster auf. Ausser den Konventen Paradies (1838 verstaatlicht) und St. Katharinental (1868 verstaatlicht), wurden 1848 die Klostergüter säkularisiert. Liegenschaften, Mobiliar sowie liturgische Geräte und Textilien kamen zum Kantonseigentum. Im Vorfeld der Verstaatlichung liess der Regierungsrat den ehemaligen Klosterbesitz registrieren und Inventare der Mobilien erstellen. Diese Verzeichnisse belegen heute die Herkunft der klösterlichen Objekte.
In der Folge übernahm der Kanton ausgewähltes Klostermobiliar in seine Kunst- und Antiquitätensammlung. Diese Objekte, wie das Vortragekreuz, zählen zu den frühsten Stücken der Museumssammlung.
Kreis von Meister Johannes, Goldschmied in Freiburg i. Br.

Renner, Johannes (gest. 1611), Goldschmied in Wil
um 1280/1592 (Fuss)
H. 76, B. 50.3, T. 12.8 cm
Kreuz: Silber, feuervergoldet; Kupfer; Messing; Eisen; Eichenholz; Seide; Leinen; Edelsteine; Glas Kreuzfuss: Kupfer, feuervergoldet; Messing; Zinnlot
T 85
Konrad Kuhn (Hrsg.), Thurgovia sacra, Geschichte der katholischen kirchlichen Stiftungen des Kantons Thurgau, Bd. 2, Frauenfeld 1879.

Hermann Stähelin, Catalog (Inventarium) der Thurg. Hist. Sammlung, Weinfelden 1890, S. 24.

Johann Rudolf Rahn, Die mittelalterlichen Architektur- und Kunstdenkmäler des Cantons Thurgau, Frauenfeld 1899.

Dora F. Rittmeyer, Von den Kirchenschätzen der im Jahre 1848 aufgehobenen Thurgauer Klöster, Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des Kantons St. Gallen (Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Bd. 76), 1939, S. 49.

Albert Knöpfli, Das Ittinger Vortragekreuz, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 10, Heft 1/2, 1948–1949, S. 43–56, Tafeln 25–32.

Albert Knoepfli, Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Band 1, Der Bezirk Frauenfeld (Die Kunstdenkmäler der Schweiz), Basel 1950, S. 277–281.

Adolf Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern, Bd. 4, Das Amt Sursee (Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 35), Basel 1956, S. 80–87.

Hans-Jörgen Heuser, Oberrheinische Goldschmiedekunst im Hochmittelalter, Berlin 1974.

Johann Michael Fritz, Goldschmiedekunst der Gotik im Mitteleuropa, München 1982.

Tobias G. Natter (Hrsg.), Gold. Schatzkunst zwischen Bodensee und Chur, Ostfildern 2008.
Schlagwörter: Religion katholisch, Kloster, Kirche , Kunsthandwerk, Gerät