Steinschlossgewehr der Infanterie, Vorderlader einer kantonalen Truppe der Schweiz

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Runder glatter Lauf, ab Kammeransatz oktogonal. Kein Visier. Linsenkorn aus Messing auf Vorderband. Schlosshahn mit Arretiernocken, Schlosspfanne mit gewinkelter Abdeckung. Schlosshahn mit Feuerstein (Montage für Vermittlung). Eisengarnitur mit drei Bändern (originales Hinterband), Abzugsbügel und Kolbenkappe. Je ein Bügel für den Tragriemen am Mittelband und am Abzugsbügel. Eisenladestock mit kegelstumpfförmigem Kopf. Vollschaft. Kolben mit Backenausschnitt links und geradem Kolbenabschluss.

Schläge: Auf Lauf «c : i hwill no. 92.», womöglich ein Hinweis auf die Gemeinde, welche die Waffe für den Armeedienst ihrer Bürger zur Verfügung stellte und «R»?. Auf Kolben «BAH», vermutlich die Initialen des Besitzers. Auf mittlerem Band verschlagene Punze «[?]B?».
Die Waffe stammt aus der Zeit der Helvetik (1798–1803), als die Schweiz in Begriff war, ein stehendes Heer neben einer Milizarmee aufzubauen. 1800 erfolgte im Thurgau die Zuteilung der Wehrpflichtigen in die drei Militärbezirke Frauenfeld, Arbon und Steckborn. Jede Thurgauer Gemeinde hatte ihr Kontingent an Soldaten im Alter von 20 bis 40 Jahre für die Landesverteidigung zu stellen. Für die Bewaffnung seiner Infanteristen war jeder Schweizer Kanton eigenständig verantwortlich. Bis zur Einführung des Bundesheers 1874 trugen die Soldaten die Kosten für ihre Ausrüstung grösstenteils selbst. Wehrmänner, die sich keine eigene Waffe leisten konnten, bekamen diese leihweise vom Zeughaus ausgehändigt.
Lieferanten der Gewehre waren hauptsächlich Manufakturen in Frankreich und Belgien. In der Regel erwarb die zuständige kantonale Kommission das französische Modell von 1777, das 1801–1802 optimiert wurde. Es entsprach dem eidg. Reglement von 1817 und wurde im Thurgau 1820 eingeführt.
um 1800
L. 144 cm, Lauf L. 106 cm
Stahl, Eisen, Messing, Nussbaumholz, Feuerstein
Wg 129
Albert W. Schoop, Geschichte der Thurgauer Miliz, Frauenfeld 1948, S. 177–179.

Schweizerischer Schützenverein (Hrsg.), Hand- und Faustfeuerwaffen, Schweizerische Ordonnanz 1817 bis 1867, Frauenfeld 1971.
Schlagwörter: Militaria, Waffen