Steinschlossgewehr der russischen Infanterie, Hinterlader

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Runder glatter Lauf. Bajonettnocken. Langes Linsenkorn aus Messing. Schloss mit Sicherungshaken. Schlosshahn mit Feuerstein zwischen Lederstück. Hahnschraube mit Rundkopf. Messinggarnitur mit drei Ladestockpfeifen, Vorderband, Abzugsbügel, Seitenplatte und Kolbenkappe. Laufbefestigung mit Stiften. Zwei Bügel für den Tragriemen. Hölzerner Ladestock mit Messingkopf und eisernem Spiralaufsatz. Dekorelemente wie breite, vorne ausgekragte, profilierte Ladestockpfeifen, hintere Pfeife mit spitzer Verankerung im Schaft. Geschnitzte Rahmung der Schloss- und Seitenplatte, der Laufangel und der unteren Schaftseite entlang des Ladestocks. Vollschaft mit kleinem gekehltem Kolben, markante Kolbennase und geradem Abschluss.

Schläge: Auf Schlossplatte Stempel der deutschen Waffenmeister der russischen Industriestadt Tula in Russland, darunter Jahreszahl «1798». Auf Lauf Punze mit bekröntem russischem Doppeladler (Abnahmestempel für militärische Waffen), «P» (Beschussstempel des 18. und frühen 19. Jhs., steht wohl für «probiert», eingeführt von den niederländischen und deutschen Waffenmeistern für die Waffenproduktion in Tula) sowie «II», das russische «P». Auf Abzugsbügelblatt «CC» und «HW».
Auf Kolbenkappe gravierter und gepunzter russischer Doppeladler mit Krone. Auf Kolben geschnitzt «L 24».
Im Zweiten Koalitionskrieg (1799–1801) kam es zu Kampfhandlungen zwischen napoleonischen Truppen und verbündeten europäischen Monarchien, wobei 1799 der Thurgau Schauplatz von militärischen Konflikten war. Nachdem die Eidgenössische Tagsatzung 1797 den französischen Truppen den Marsch durchs Wallis nach Italien versagt hatte, eroberten Napoleons Soldaten 1798 die Eidgenossenschaft. Der französische General André Masséna (1758–1817) übernahm das Kommando der Schweizer Armee, die aus napoleonischem Militär und helvetischem Milizheer bestand. Am 25. Mai 1799 kam es zwischen dieser Streitkraft und der österreichisch-russischen Koalitionsarmee zu heftigen kriegerischen Auseinandersetzungen in und um Frauenfeld sowie in den umliegenden Dörfern.
Das vorliegende Gewehr könnte einem russischen Soldaten gehört haben, der zu dieser Zeit in der Region in den Krieg involviert gewesen war. Hergestellt wurde es möglicherweise in der 1712 in Tula (Russland) gegründeten Waffenfabrik, wo viele der Gewehre für die kaiserlich russische Armee gefertigt wurden.
1798
L. 142 cm, Lauf L. 103.5 cm
Stahl, Eisen, Messing, Nussbaumholz
Wg 434
Catalog (Inventarium), Thurgauische Historische Sammlung, Hinteres Kantonsschulgebäude 3. Stock in Frauenfeld (Weinfelden 1890), S. 58–59.

Ernst Leisi, Geschichte Stadt Frauenfeld, Frauenfeld 1946, S. 166–169.

Ernst Herdi, Das Gefecht bei Frauenfeld (Thurgauer Jahrbuch, Bd. 25), 1950, S. 12.

Eugène Heer, Der neue Stöckel, Bd. 3, Internationales Lexikon der Büchsenmacher, Feuerwaffenfabrikanten und Armbrustmacher von 1400–1900, Schwäbisch Hall 1982, S. 1707–1711.

Max Steiner, Das Gefecht von Frauenfeld 1799, Frauenfeld 1999.
Schlagwörter: Militaria, Ereignis, Waffen