Verwaltungsstempel: Rechteckiger Tintenstempel des Verwalters der kantonalen Thurgauer Strafanstalt Tobel, mit Holzgriff

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Vs.: «Kant. Strafanstalt Tobel (Thurg.) / Der Verwalter:», spiegelverkehrt.
Rs.: Leicht gebauchter Griff aus gedrechseltem Holz mit eingezogenem balustriertem Schaft und abgesetztem Fuss, an welchem der langgezogene balkenförmige Stempelkorpus mittels eines Zapfens verbunden ist. Stempelplatte aus Kautschuk an die Unterseite des Stempelkorpus geklebt. Als Hilfe zur Ausrichtung des Stempels beim Stempeln in den Griff eingelassener eiserner Rundkopfnagel und an der Vorderseite des Stempelkorpus angebrachter schwarzer Stempelschriftzug «Kant. Strafanstalt Tobel (Thurg.) / Der Verwalter:».

Geleitet wurde die Anstalt von einem Verwalter, dem ein Schaffner unterstellt war, der für den institutseigenen landwirtschaftlichen Betrieb verantwortlich war. 1837 wurde die Funktion des Schaffners aufgehoben. Dem Verwalter wurden stattdessen zwei Werkmeister für die Weberei, zwei Aufseherinnen für die weiblichen Häftlinge und drei Polizeidiener zur Seite gestellt. Dazu kam Hilfspersonal für die landwirtschaftlichen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Ab Mitte des 19. Jhs. war zusätzlich die Frau des Verwalters in den Betrieb eingebunden. Ihr oblag die Führung der Küche und des gesamten Haushalts. Die Aufsicht über die Werkstätte hatte ab 1853 ein Oberzuchtmeister zusammen mit Aufsehern. Die in der Landwirtschaft tätigen Insassen beaufsichtigte ein Meisterknecht, und eine Aufseherin war zuständig für die weiblichen Strafgefangenen. Zudem kümmerte sich ein Pferde- und ein Ochsenknecht, ein Küher sowie ein Dienstknabe um den Gutsbetrieb. Im Weiteren war der Landjäger nun in Tobel wohnhaft und für die Nachtwache mitverantwortlich. Die männlichen Angestellten der Strafanstalt, die eine Aufsichtsfunktion ausübten, mussten handwerkliche oder landwirtschaftliche Fähigkeiten vorweisen, während die Wärterinnen über hauswirtschaftliche Kompetenzen verfügen mussten. Die Aufseherinnen verdienten einen Drittel bis einen Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen.

Die Gerichtsherrschaft bzw. Komturei Tobel gehörte bis 1798 dem Malteserorden deutscher Zunge. 1807 übernahm der Kanton Thurgau die Ländereien und Gebäude der Kommende und richtete 1811 im landwirtschaftlichen Gutsbetrieb eine Zucht- und Arbeitsanstalt für Männer und Frauen ein. Bis 1840 unterstand die Aufsicht über die Strafanstalt Tobel der regierungsrätlichen Zucht- und Arbeitshauskommission. Mit dem Wechsel vom Kommissionen- zum Departementalsystem in der kantonalen Verwaltung übernahm fortan das Polizei- und Justizdepartement diese Funktion. Die kantonale Einrichtung für den Strafvollzug war bis 1973 in Betrieb. 2006 gingen die leerstehenden Gebäude in den Besitz der Stiftung Komturei Tobel über.

Mitte 20. Jh.
H. 6.5, B. 7, T. 3 cm
Kautschuk, geschnitten; Buchenholz, gedrechselt, lackiert
T 21834.2
Verena Rothenbühler, Hinter Schloss und Riegel, Die Strafanstalt Tobel 1811–1973, in: Im Tobel der Busse, Komturei und Strafanstalt Tobel 1226–2014 (Thurgauer Beiträge zur Geschichte, Bd. 152), Frauenfeld 2015, S. 79–202, bes. S. 134, Abb. 41, S. 188–195.

Verena Rothenbühler, Tobel, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.10.2012, https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001969/2012-10-24/, aufgerufen am 04.01.2023.
Schlagwörter: Sphragistik, Staatliche Institutionen, Kommunikation, Justiz, Beruf