Zielfernrohrkarabiner der Schweizer Armee, Repetiergewehr für Scharfschützen der Infanterie, mit Gradzugverschluss nach dem System Furrer-Kern, Modell 1931/1942, aus dem Arsenal des Kantonalen Zeughauses Frauenfeld

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Runder Lauf mit vier Zügen, Verschluss mit Drehhülse und vorne liegenden Verriegelungswarzen, Riegelschieber mit metallenem Griff, Leitkurvenvisier und 1.8-faches Zielfernrohr mit Graduierung 1 bis 10, Gesichtsfeld 125% als Schwenkarm links im Verschlussgehäuse eingebaut. Schräg zur Laufachse auf quer zum Lauf stehendem Kornträger mit Schutzbacken eingeschobenes Sattelkorn, Oberband mit Klemmschraube rechts, Stift links und Bajonetthaft unten, Pyramidenstift (für die Formierung einer Gewehrpyramide während der Pause), Unterband mit Federhalterung, Klemmschraube unten und Riemenbügel links. Runder Bügel auf angeschraubtem Bügelblatt. Vollschäftung mit Handschutz, beidseitigen Griffmulden am Vorderschaft (Schaftnuten), Pistolengriff am Kolben (vermutlich zusammen mit Teil des Kolbens angestückt, da unterschiedliche Holzfärbungen) und leicht geschwungener Kolbenabschluss mit angeschraubter Kolbenkappe.
Abnehmbares zweireihiges Kastenmagazin.
Lederner naturbrauner verstellbarer Tragriemen mit acht Löchern, einem Doppelniet-Knopf, Führungsschlaufe und hinterem Federhaken an Riemensteg, dieser über Aussparung mit Durchbruch im Kolben angeschraubt.
Oben gerundeter Laufdeckel aus Messing an eiserner ausgeschwenkter Feder mit Kornschutzkappe.

Schläge: Waffennummer «450534» je auf Verschluss, Verschlusshülse, Magazinkasten. Grosser Kontrollstempel in Form eines tingierten Schweizer Wappenschilds. Ebenso Schweizer Wappenschild auf Kolben (eidg. Waffenkontrolle).
Auf dem Bund des Laufs verkürzte Waffennummer «534», Einschiessstempel in Form von Schweizerkreuz und «20[...]» sowie Stempel der eidgenössischen Waffenkontrolle «K+» in W-Klammer. Auf Griff des Riegelschiebers «CV» (Chrom Vanadium Stahl) neben Schweizerkreuz und «C», auf Unterband und Laufdeckel je ein Schweizerkreuz (Abnahmestempel).
Auf Tragriemen gestempelt «A» unter Schweizerkreuz in Kartusche.

GP 11
Kaliber: 7.5 mm

Beschriftung auf Etikette: «Eingang am: 26. Juni 1979, Z+[Zeughaus] Meiringen» (BE).
1933 beschloss die Bundesversammlung die Einführung des Karabiners Modell 1931, kurz K 31 genannt. Aufgrund der Waffennummer des vorliegenden Stücks handelt es sich um eine Spezialwaffe zuhanden der kantonalen Militärverwaltungen, in diesem Fall derjenigen von Bern.
Ab 1935 fanden Erprobungen statt, den Karabiner mit einem Fernzielrohr zu ergänzen, wobei erst 1939 mit dem Fernrohr der Aarauer Firma Kern zufrieden stellende Ergebnisse erzielt werden konnten. Ausgerüstet mit dem optimierten Gewehr waren die Scharfschützen der Infanterie in der Lage, sich auf Punktziele bis 1000 m und auf die Vergrösserung des Zielbildes bei schlechter Sicht zu fokussieren. Bereits 1944 wurde die Produktion des Modells 1931/1942 aufgrund ungenügender Versuchsergebnisse eingestellt, da sich das Modell K 31 für die Optimierung mit dem Fernrohr als ungeeignet erwies.

Vorliegende Waffe war in der Scharfschützenkompanie im Einsatz, einer militärischen Einheit mit treffsicheren Soldaten (franz. tireur d’élite, Meisterschütze; engl. marksman, das Ziel treffende Person). Die Scharfschützen, meist in dunkelgrüner Uniform, waren für den Feuerschutz der Artillerie und der Infanterie zuständig, verstärkten die in loser Formation den Gegner irritierenden Jäger und verteidigten feste Plätze. Bis 1874 waren die Scharfschützen ein selbständiger, von der Infanterie getrennter Truppenkörper. Gehörten 1807 20 Thurgauer Scharfschützen zum eidgenössischen Heer, waren es 1817 bereits 100 Mann im Auszug sowie 100 Mann in der Reserve und ab 1848 zwei Kompanien à 100 Soldaten und eine Reservekompanie. Die beiden Thurgauer Scharfschützenkompanien hatten die Nummern 5 und 26. Aufgrund der Militärorganisation von 1874 kam es zur Aufhebung der Waffengattung der Scharfschützen. Sie dienten fortan in den Schützenformationen, waren nicht mehr mit besonderen Gewehren ausgerüstet und durchliefen die gleiche Ausbildung wie die Infanteristen. Auch die Einheit der Jäger wurde aufgelöst.

In den 1960er-Jahren kam in Frauenfeld die Idee auf, ein Artilleriemuseum zu eröffnen. Führend bei der Diskussion waren Vertreter des Historischen Museums Thurgau und des Zeughauses in Frauenfeld. Um das Projekt voranzutreiben, bestellten beide Parteien in gegenseitiger Absprache bei der Eidgenössischen Kriegsmaterialverwaltung (KMV) in Bern (Direktion der Zeughausbetriebe) ausgeschiedene Waffen samt Zubehör und lagerten die militärischen Güter im Zeughaus in Frauenfeld ein. Im Vorfeld einer Anschaffung verschickte die KMV eine Liste mit den vom Generalstab freigegebenen Waffen an die Zeughausverwaltungen der Kantone sowie ans Schweizerische Landesmuseum in Zürich.
Gemäss einer Etikette wurde der vorliegende Karabiner 1979 von der Zeughausverwaltung Meiringen nach Frauenfeld abgegeben und blieb dort bis zur Aufhebung des Kantonalen Zeughauses 2004. Der damalige Zeughausverwalter Oberstleutnant Franz Regli signierte die Eingangsquittung.
Eidgenössische Waffenfabrik Bern (W+F), heutige RUAG, gegründet 1871 in Bern

Kern & Co. AG, Hersteller von Messinstrumenten in Aarau (1819–1988)
ab 1933
L. 111 cm, Lauf L. 65.2 cm
Stahl, brüniert; Eisen; Nussbaumholz; Messing; Leder
T 40371
Albert W. Schoop, Geschichte der Thurgauer Miliz, Frauenfeld 1948, S. 172–173.

Schweizerischer Schützenverein (Hrsg.), Hand- und Faustfeuerwaffen, Schweizerische Ordonnanz 1817 bis 1967, Frauenfeld 1971, S. 125–133.

Kurt Sallaz, Michael am Rhyn, Handfeuerwaffen Gradzug-Systeme (Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, Bd. 4), Dietikon-Zürich 1978, S. 52–53.

Clément Bosson, Die Waffen der Schweizer Soldaten, Zug 1982, S. 156–157.

Ernst Grenacher, Schweizer Militärgewehre Hinterladung 1860–1990, 2015, S. 452, 565–575, 624–625.
Schlagwörter: Militaria, Waffen, Industrie, Technische Instrumente