Grafik: Kleines Andachtsbild (Berührungsbild), Schleierbild mit der Altöttinger Maria

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Private Devotionalie der Volksfrömmigkeit aus der Sammlung im Pfarrhaus Mammern.

Maria steht mit Jesus Christus auf dem Arm auf einer Wolke, in der linken Hand hält sie das Zepter, oben gerahmt mit elf Engeln und Lichtquelle. Das Bild ist bedeckt mit einem schwarzen Stoff.

Aufschriften:
«Schleier von der Umhüllung des Gnadenbildes in der Charwoche».
«Altehrwürdiges Gnadenbild unserer Lieben Frau von Altötting».

«425», «Bischöfl. Kapellstiftung», «GFCHKM»

Rückseite mit Stempel:
«Bisch. Stiftungsverwaltung der hl. Kapelle-Altötting».
Der Brauch der Schleierbilder aus Altötting in Oberbayern geht auf das Jahr 1736 zurück. Der Altöttinger Stiftsdekan Joseph Hagn erlebte auf einer Reise zur Basilika vom Heiligen Haus in Loreto (ITA), wie das Gnadenbild der Jungfrau Maria in der Loretokapelle am Karfreitag mit einem schwarzen Schleier umhüllt wurde. Teile des Schleiers klebte man später auf Bildchen, um sie an die Wallfahrer und Wallfahrerinnen zu verteilen. (Es handelt sich um Berührungsreliquien, da der Stoff mit dem Heiligtum in Kontakt gekommen war).
Joseph Hagn liess sich von diesem Brauch inspirieren und führte ihn 1737 in Altötting ein, wo fortan die Schwarze Madonna aus dem 14. Jh. in der Gnadenkapelle (Heilige Kapelle) mit Stoff umhüllt wurde. Dieser wurde in der Folge in Stücke geschnitten und auf Andachtsbilder geklebt. Die Pilger und Pilgerinnen waren vom Angebot derart begeistert, dass die textile Umhüllung, mit der die Madonna am Karfreitag bedeckt wurde, die Nachfrage nach Berührungsbilder nicht abdecken konnte. Daher wurde das Ritual zeitlich ausgedehnt.
Bis heute werden in Altötting Berührungsbilder hergestellt.
Die Gnadenkapelle am Kapellplatz in Altötting in Bayern ist ein Zentralbau aus dem 8.–10. Jh., der im 15. Jh. im gotischen Stil erweitert wurde. Die Kapelle gilt als bayrisches Nationalheiligtum und ist eines der wichtigsten und meist besuchten Wallfahrtsziele in Europa. Im Innern der Kapelle werden die Herzen bayrischer Herrscher aufbewahrt.
Die 66 cm hohe Statue der Madonna wurde um 1330 am Oberrhein im Stil der Frühgotik geschnitzt. Der Überlieferung nach ist sie über das Zisterzienserkloster Raitenhaslach nach Altötting gekommen.

1893 wurde die Gesellschaft für christliche Kunst in München gegründet, ein katholischer Kunstverein, dessen Ziel es war, der christlichen Kunst eine starke gesellschaftliche Relevanz in Abgrenzung zu modernen Strömungen zu verschaffen. Der Verein sprach einerseits Kunstfreunde sowie Kunstförderer an, zum anderen war er eine Interessengemeinschaft von Künstlern. Sie alle verband ein katholisches, eher konservatives Glaubensideal. Ästhetische Vorbilder waren die Nazarener sowie die altdeutschen Meister. Unterstützt wurde die Kooperation von der katholischen Aristokratie, Politikern sowie einer grossen Anzahl von Kirchenvertretern, darunter viele Diözesanbischöfe auch ausserhalb des Deutschen Reichs. Der eigene, ab 1900 eröffnete Vertrieb konzentrierte sich auf religiöses Kunsthandwerk und Devotionalien, wie Andachtsbilder. Diese wurden von Vereinskünstlern entworfen, häufig auch von Vertretern der Akademie der Bildenden Künste in München, die eng mit dem Verein zusammenarbeitete. Zudem wurde eine Jahresmappe mit Reproduktionen der Künstlermitglieder sowie ab 1904 die Monatszeitschrift «Die christliche Kunst» herausgegeben. Ab 1911 fand eine engere Anbindung an den Klerus statt, welcher die Publikationen zensierte, was zur Folge hatte, dass die Vereinskünstler zwar mit vielen kirchlichen Aufträgen eingedeckt, ihr künstlerischer Spielraum aber immer enger wurde.

Die kleinformatigen Heiligenbilder mit magischer Heils- und Gnadenwirksamkeit dienten als Einlagen in Gebets- und Gesangsbücher, wurden in Koffer, Schränken und an Wände geklebt oder gar ins Grab gelegt. Als Amulett trug der gläubige Mensch die Bildchen zum Schutz vor bösen Kräften am Körper oder legte sie kranken Körperstellen auf.
Gesellschaft für christliche Kunst München, Verlag 1893 gegründet
um 1900
H. 11, B. 7 cm
Autotypie auf Papier; Textilie
T 30172
Das kleine Andachtsbild, Katalog der Ausstellung im Hamaland-Museum in Vreden 1982, im Niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer 1982, in der Galerie der Stadt Bocholt 1983, Straelen 1982.

Bernd Feiler, Die Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst, Der Blaue Reiter und der Erzbischof, Religiöse Tendenzen, christlicher Glaube und kirchliches Bekenntnis in der Malerei Münchens von 1911 bis 1925, Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München, 2002, S. 51–69.

Hans Gärtner, Andachtsbildchen, Kleinode privater Frömmigkeitskultur, München 2004, S. 10, 67–77.
Schlagwörter: Fotografie, Druckgrafik, Textilien, Kunsthandwerk, Hauswirtschaft, Religion katholisch, Brauchtum, Kirche