Grafik: Kleines Andachtsbild mit hl. Fridolin von Säckingen

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 Vorderseite  Rückseite
 Vorderseite

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Private Devotionalie der Volksfrömmigkeit aus der Sammlung im Pfarrhaus Mammern.

Ovale Kartusche mit einer Darstellung aus der Vita des Heiligen: Der skelettierte Ursus eilt Fridolin zu Hilfe, um ihn im Streit um das Glarnerland zu unterstützen. Denn Landolf, der Bruder von Ursus, will die Schenkung von Ursus an Fridolin nicht anerkennen.

Über der Kartusche Strahlenkranz mit Inschrift «MRA» (Initiale von Maria) und Banderole: «Dat quaeuis guttula florem».
Unter der Kartusche weitere Banderole: «S. Fridolinus C.»

Lateinischer Text mit Mahnung zur Busse: «Considera quam multi nunc moriuntur, quibus si una hora ad poenitentiam concederetur, quae tibi concessa est, quomodo per Altaria et quam festinanter tamdiu suspirarent, donec peccatorum veniam a Deo consequi mererentur. S. Bern. l. de Int. Dom. c. i.» (Bedenke, wie viele nun sterben [und] wie sie, wenn ihnen eine Stunde zur Busse eingeräumt würde, welche dir zugestanden wurde, mit noch mehr Hast nach dem Altar schmachten würden nach so langer Zeit, bis dass sie sich verdient machen würden, dass die Vergebung für ihre Sünden von Gott folgt. S. Bern. C. de Int. Dom. c. i).

Das Zitat «S. Bern. C. de Int. Dom. c. i» bezieht sich auf das Werk «Opera Omnia» des hl. Bernhard von Clairvaux (1090–1153), Kirchenlehrer und einer der bedeutendsten Mönche des Zisterzienserordens.

Leitspruch für die Gläubigen: «Oratio pro mortuis. Pro raptoribus Bonorum Ecclesiasticorum.» (Gebet für die Toten. Für die Diebe der kirchlichen Güter.)

Rückseite mit Titel «VI. Martii.» und lateinischem Text, der das Leben des hl. Fridolins beschreibt:
«VI Martii. FElices Exules, qui vt patria quaerant, exeunt patria! His FRIDOLINUM iure accenseas. Hibernus domo ex prima nobilitate, tunc gentilitia decora se aucturum credidit, si superstitionem expugnatum iret, patriamque fidem extra patriam proferret. Igitur Fidei signa Rauracis alijsque Rheni accolis intulit et rebelles nuper caelo animos longe plurimos debellauit. Sub haec visum est rei Christianae tutandae munitionem Coenobium exaedificare. Id, quod hodie videmus, Saeckingense est, cui condendo Vrsus vir apprime nobilis patrimonium suum deuouit. At inuidia etiam hic caelo diuitias suas inuidit. Doluit Frater Vrsi Landulphus in hereditatem paternam secum DEUM venire, et homo, fratre demortuo, ausus est DEO sua eripere. Magis FRIDOLINUS indoluit; et, quia testis e viuis nemo vnus suppetebat, ad mortuos prouocauit. Audit in tumulo Vrsus, prodit et cum FRIDOLINO millia passum V. Ranckürchium (ibi enim forte ius Praetor dicebat) contendit, testis vtique omni expectione maior. Nempe minime placere Landulpho iudicio cum morte contendere; vltro etiam suam portionem heredi DEO cedere et assem iam promittere, qui semissem nuper negauerat. Quid ad ista vos, quibus hodie hereditate sua caelu excludere familiare iam est? imo vos quid? qui donatam a Maioribus vestris ereptum iterum itis. Ad illos, ad mortuos inquam prouocant sacra et sacri homines. Non surgunt, dicitis? at timete. Surgent. Ex Vita.»

(6. März. Glückselig sind die Verbannten, welche, wie sie nach einer Heimat verlangen, aus der Heimat ausziehen. Denen stelltest du per Beschluss Fridolin bei. Als Ire von vornehmster adliger Abkunft glaubte er damals, das verwandtschaftliche Ansehen zu vermehren, wenn der Aberglaube überwunden würde und dass dies heimischer Glaube ausserhalb der Heimat hervorbrächte. Also brachte er Zeichen des Glaubens sowohl zu den Raurakern [Keltischer Stamm, welcher mit den Helvetiern 58 v. Chr. nach Gallien auszog und ursprünglich im Raum Basel, Jura und Elsass angesiedelt war.] als auch zu andern Bewohnern des Rheins und kämpfte einst lange mehrere, dem Himmel aufständische Gesinnungen nieder. Unmittelbar davor war [ihm] ein Traumbild [erschienen], für den Schutz der christlichen Sache die Mauern des Klosters zu bauen. Das ist, wie wir heute sehen, Säckingen, welchem bei der Gründung Urs, ein besonders vornehmer Mann, sein Besitz gelobte. Aber der Neid missgönnte hier noch dem Himmel die ihm zustehenden Reichtümer. Es schmerzte den Bruder des Urs, Landulph, dass Gott mit ihm zusammen in den väterlichen Erbbesitz Einzug hält, und der Mann wagte es, nachdem der Bruder gestorben war, Gott das Seinige zu entziehen. Mehr noch schmerzte es Fridolin; auch, weil kein Zeuge unter den Lebenden zur Verfügung stand, reichte er bei den Toten Einspruch ein. Im Grabhügel lauschte Urs, kam hervor und eilte mit Fridolin tausend Schritte nach Ranckürchiuma [Bei dieser Ortsangabe handelt es sich entweder um Remigen oder Riniken, welche beide im Umfeld Säckingens liegen.] (Da nämlich etwa sprach der Prätor recht), trotz aller Einschränkungen ein besserer Zeuge. Allerdings gefiel es Landulph weniger, dass [jener] wegen des Richterspruchs mit einem Toten [los]marschiert [war]; darüber hinaus trat er auch seinen Teil des Erbes an Gott ab und versicherte jetzt ein As [Der As ist das Grundnominal der römischen Währung vor der Denareinführung um 211 v. Chr. Er stand ganz allgemein für einen ganzen Gegenstand, eine Erbschaft, einen Acker oder ein einheitliches Besitztum.] zu [zahlen], [er], welcher neulich ein halbes As verweigert hatte. Wie steht ihr dazu, ihr, denen es nun heute vertraut ist, das eigene Erbe vom Himmel auszuschliessen? Keineswegs ist [es] euer [Erbe], was? Ihr, welche die Gabe euren Höheren entreisst, wird es gleich ergehen. Für jene [und] für die Toten wiederhole ich: sie [sollen] sich zum Heiligen und zu den heiligen Menschen bekennen. 'Sie werden nicht wiederauferstehen', sagt ihr? Aber fürchtet euch. Sie werden's tun. Ex Vita.)

«Ex Vita» bezieht sich auf die «Vita Fridolini confessoris Seckingensis auctore Balthero», die einzige überlieferte Lebensbeschreibung des Heiligen, die Balther von Säckingen (gest. 986?) verfasst hat.
Die kleinformatigen Blätter mit magischer Heils- und Gnadenwirksamkeit dienten als Einlagen in Gebets- und Gesangsbücher, wurden in Koffer, Schränke und an Wände geklebt oder gar ins Grab gelegt. Als Amulett trug der gläubige Mensch die Bildchen zum Schutz vor bösen Kräften am Körper oder legte sie kranken Körperstellen auf.
18. Jh.
H. 10, B. 5.2 cm
Kupferstich und Druck mit Bleisatz auf Büttenpapier
T 30418
Das kleine Andachtsbild, Katalog der Ausstellung im Hamaland-Museum in Vreden 1982, im Niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer 1982, in der Galerie der Stadt Bocholt 1983, Straelen 1982.
Schlagwörter: Druckgrafik, Kunsthandwerk, Hauswirtschaft, Religion katholisch, Brauchtum, Kirche