Münze: Probeabschlag vom Taler des Königreichs Polen, geprägt zur Zeit von König Stanislaus II. August (1764–1795), aus der ehemaligen Sammlung von Josef Sager (1905–1964)

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Vs.: Umschrift: «STANISLAUS AUGUSTUS D . G . REX POL . M . D . LITHU .», (Stanislaw August von Gottes Gnaden König von Polen, Grossherzog bzw. Grossfürst von Litauen). In Strichelkreis gepanzerte und drapierte Büste des Königs mit barock frisierten schulterlangen gelockten Haaren, mit Kette des Weissen Adlerordens, nach rechts, darunter Künstlersignatur: «MORIKOFER . F.», (Mörikofer fecit [fertigte an]).
Rs.: Umschrift: «TALERUS POLONICUS – LXXXV . FLOR . POL . MARCA – MDCC + LXV .», (Polnischer Taler – 85
Gulden auf die Polnische Gewichtsmark – 17 + 65). In Strichelkreis bekrönter und viergeteilter Wappenschild des Königreichs Polen (Feld 1 und 4: bekrönter polnischer Adler; Feld 2 und 3: litauischer Ritter) mit aufgelegtem rundem Herzschild der Königsfamilie Poniatowski (Stier), flankiert von Lorbeer- und Palmzweig (Symbol des Ruhms und Siegs), umwickelt vom Ordensband mit dem Leitspruch des polnischen Königs «PRO FIDE – LEGE – ET – GREGE», (Für Glauben, Gesetz und Nation), an welchem das Kleinod des polnischen Ritterordens vom Weissen Adler hängt.
Stanislaus II. August Poniatowski (1764–1795) war der letzte polnische König. Unter seiner Herrschaft verlor Polen zusehends seine Unabhängigkeit. 1795 wurde der Rest des einst mächtigen Königreichs Polen-Litauen zwischen Preussen und Russland aufgeteilt.

Zu den wichtigsten Attributen der monarchischen Darstellungen in der Barockzeit gehörten Ordensketten, welche regelmässig die Brustbilder der Herrscher bzw. die Wappendarstellungen auf Münzen und Medaillen zieren. Im vorliegenden Fall erscheint auf beiden Seiten jeweils die Kette des Ordens des Weissen Adlers. Der 1705 durch den sächsischen Kurfürsten und polnischen König August den Starken während des Grossen Nordischen Kriegs (1700–1721) gestiftete Orden des Weissen Adlers ist bis heute die höchste Auszeichnung des polnischen Staats. Zunächst als ovale, rot emaillierte Medaille verliehen, erhielt das Kleinod (Ordenszeichen) 1710 seine heutige Form: ein emailliertes rotes Malteserkreuz mit dem bekrönten weissen polnischen Adler in einem goldenen Strahlenkranz. Während der exklusive Kreis der Ordensempfänger zunächst auf nur wenige Mitglieder beschränkt war, welche durch den polnischen König ernannt wurden, erweiterte sich während der Regierungszeit August III. (1733–1763) der Kreis erheblich. Unter König Stanislaus II. August (1764–1795) wurden 1777 die ersten Statuten des Ordens verbindlich festgelegt und die Zahl der lebenden Ordensträger auf 150 Ritter beschränkt, wobei diese Höchstzahl zugunsten ausländischer Monarchen und Adliger überschritten werden durfte.

Höfische Ritterorden spielten in adeligen Kreisen Europas während des Spätmittelalters und in der Frühen Neuzeit eine wichtige Rolle. Durch die häufig beschränkte Mitgliederzahl bot die Ordensmitgliedschaft ein Hauch von Exklusivität und dem Ordensträger die Möglichkeit, sich bei Hofe zusätzlich von den übrigen Adligen abzusetzen. Für die Fürsten und Könige waren sie ein Mittel, um die wichtigsten Adeligen des Landes an sich zu binden. Parallel dazu diente die Verleihung der Ordensmitgliedschaft an auswärtige Herrscher oder an deren Gesandten häufig diplomatischen Zwecken.

Johann Kaspar Mörikofer (1733–1803) absolvierte ab 1750 eine Lehre als Siegelstecher, Steinschneider und Medailleur bei seinem Vetter Johann Melchior Mörikofer (1706–1761) in Bern. Fast alle Berner Münzstempel von 1762/1765 bis 1796 stammen von ihm, 1769 bis 1797 fertigte er die Stempel der Goldmünzen von Solothurn. Dazu kamen Verdienst- und Gedenkmedaillen für weitere Städte und vor allem Schulprämien, Siegel für Bern und Zofingen sowie private Aufträge für Medaillenstempel.

Der Probeabschlag gehörte zur Sammlung von Josef Sager (1905–1964), einem Lehrer und Autodidakten aus Münchwilen. Seit den 1930er-Jahren galt Sager in der Ostschweiz als Fachmann für Numismatik. Selbst Münzsammler, erwarb er mehrere Hortfunde auf dem Gebiet der Ostschweiz und bot sich zudem als Gutachter für numismatische Sammlungen an (z.B. in der Stiftsbibliothek St. Gallen).
Die Münzen und Medaillen von Josef Sager bilden in der Museumssammlung ein Konvolut aus über 600 Exemplaren. Alle Stücke wurden von Josef Sager, seinen Erben oder nachfolgenden Besitzern erworben.
Mörikofer, Johann Kaspar (1733–1803) aus Frauenfeld, Medailleur, Stempelschneider in Bern
1765
D. 46.5 mm
Zinn, Prägung
T 8040
Ernst Leisi, Neue Medaillen und Münzen im Thurgauischen Museum, in: Mitteilungen aus dem Thurgauischen Museum, Heft 9, 1954, S. 2–8, Nr. 58.

Werner Bieri, Die Medaillen von Johann Melchior (1706–1761) und Johann Kaspar (1733–1803) Mörikofer, in: Schweizerische Numismatische Rundschau, Bd. 75, 1996, S. 121–153, Nr. 16.
Schlagwörter: Numismatik, Kunsthandwerk, Herrschaft, Porträt, Heraldik, Symbol