Petschaft: Hochovaler Siegelstempel des Quartierkommandanten (Militärbezirk) von Arbon und Bischofszell, mit Holzgriff

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Vs.: «QUARTIERS : COMMANDANT . V : ARBON . U : BISCHOFFSZELL», spiegelverkehrt, von Helm bekrönter, ovaler Thurgauer Wappenschild mit Tingierung (unteres Wappenfeld schräg schraffiert), vor Waffentrophäen, auf mit Girlanden behängter Konsole mit spiegelverkehrter Graveursignatur «B». Aussen ovale Perlrahmung.
Rs.: Gedrechselter zylinderförmiger Holzgriff mit balustriertem Fuss, an welchem die ovale Stempelplatte aus Messing mit einem zylinderförmigen Zwischenstück ebenfalls aus Messing befestigt ist. Einkerbung am Rand der Siegelplatte zur Ausrichtung des Petschafts beim Siegeln.
Der originale Siegelstempel wurde überarbeitet. Das zentrale Bildmotiv mit dem Thurgauer Wappenschild und den Kriegstrophäen wurde über eine ältere, zuvor notdürftig weggeschliffene Darstellung graviert. Spuren der älteren Darstellung, zwischen zwei gekreuzten Lorbeerzweigen, sind vor allem im linken Bereich der Stempelplatte erkennbar.
Die kantonale Militärordnung von 1804 hält die Einteilung des Kantons Thurgau in vier Quartiere (Militärbezirke) fest. Sie bildete die Grundlage für die Aushebung der Infanteriebataillone in folgenden Militärbezirken: I. Steckborn und Gottlieben, II. Arbon und Bischofszell, III. Weinfelden und Tobel und IV. Frauenfeld und Diessenhofen. 1838 beschloss die eidgenössische Tagsatzung die Reduzierung der durch die Kantone zu stellenden Mannschaften für das Bundeskontingent von 4 auf 3% im Verhältnis zur Wohnbevölkerung des jeweiligen Kantons. Aufgrund dieser Änderung wurde die Zahl der Militärquartiere im Thurgau auf drei reduziert. Bis 1874 bestanden daher im Thurgau die drei Militärbezirke mit den Bezeichnungen: oberes Quartier (Oberthurgau), mittleres Quartier (Mittelthurgau) und unteres Quartier (westlicher Kantonsteil).

Die Künstlersignatur «B» auf der Konsole in der Siegelplatte könnte auf einen Petschaftstecher der Familie Brupbacher aus Wädenswil am Zürichsee hinweisen. Mehrere Mitglieder aus dieser Familie waren im 18. und 19. Jh. als Petschaftstecher für verschiedene Institutionen und Private tätig. Ihr Wirkungsfeld erstreckte sich dabei vor allem auf die Inner- und Ostschweiz, wo sie mit Musterkoffern häufig unterwegs waren, um Aufträge zu akquirieren. Da der vorliegende Siegelstempel aufgrund stilistischer Merkmale wohl noch im 1. Viertel des 19. Jhs. angefertigt worden ist, könnten sowohl Hans Kaspar Brupbacher (1755–1831) auf dem Buck als auch sein Sohn Hans Heinrich Brupbacher (1783–1862) zum Holderbaum in Frage kommen.

In der Heraldik bezeichnet der Terminus Tingierung das Verfahren mittels Schraffuren oder Punktierungen die Wappenfarben bei farblosen Wappendarstellungen anzuzeigen. Die heute gültigen Regeln setzten sich jedoch erst im Laufe des 17. Jhs. durch, sodass zum Teil bei tingierten Wappendarstellungen aus dieser Zeit noch Abweichungen von den heutigen Regeln vorkommen können.
Vermutlich Brupbacher auf dem Buck, Hans Kaspar (1755–1831) Petschaftstecher und Graveur in Wädenswil

Vermutlich Brupbacher zum Holderbaum, Hans Heinrich (1783–1862) Petschaftstecher und Graveur in Wädenswil
1804–1825
L. 6.4, B. 2.9, H. 3.4 cm
Messing, graviert; Buchsbaumholz, gedrechselt
Mc 32
Albert Schoop, Geschichte der Thurgauer Miliz, Frauenfeld 1948, bes. S. 177–179.

https://www.baukultur-waedenswil.ch/archiv-peter-ziegler-1437.html, aufgerufen am 08.02.2023.

https://www.baukultur-waedenswil.ch/archiv-peter-ziegler-1436.html, aufgerufen am 08.02.2023
Schlagwörter: Sphragistik, Kunsthandwerk, Staatliche Institutionen, Kommunikation, Heraldik, Justiz, Militaria, Waffen