Petschaft: Ovaler Siegelstempel der Bezirkskanzlei Bischofszell, mit Handhabe

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Vs.: «Bez. / Canzley / (langgezogener, flacher Rhombus) / Bischofzell / (Blumenverzierung)», spiegelverkehrt, in Kurrentschrift. Aussen ovale Schnurrahmung.
Rs.: Eiserne Handhabe aus achteckigem schlankem Schaft mit abgesetztem polygonal auslaufendem ovalem Fuss. Das Siegelbild wurde direkt in die Unterseite vom ovalen Fuss graviert.
Mit der Helvetik (1798–1803) wurde das Schweizer Staatsgebiet in Kantone eingeteilt und diese wiederum in Distrikte als innerkantonale territoriale Verwaltungseinheiten gegliedert. Der Kanton Thurgau bestand aus sieben Distrikte: Arbon, Bischofszell, Gottlieben, Frauenfeld, Steckborn, Tobel und Weinfelden. Mit dem, am 6. Juni 1800, erfolgten Anschluss des ehemaligen Schaffhauser Distrikts Diessenhofen an den Kanton Thurgau erhöhte sich die Zahl auf acht. Die Organisation der Distrikte blieb auch während der Mediationszeit (1803–1813) unverändert bestehen. Mit der Restaurationsverfassung von 1814 wechselte zwar die Bezeichnung der innerkantonalen Einteilung, die von der Helvetik und der Mediation hergebrachte territoriale Einteilung hatte hingegen weiterhin Bestand. Anstelle der Bezeichnung Distrikt trat 1814 neu der Begriff Amtsbezirk. Die diesem vorstehende Behörde war das Oberamt mit einem Oberamtmann an der Spitze. Seit 1831 tragen die territorialen Verwaltungseinheiten die bis heute gebräuchliche Bezeichnung Bezirk. Im Laufe des 19. Jhs. wechselten die Bezirke Gottlieben und Tobel ihren Namen. Der Bezirk Gottlieben wurde 1874 in Kreuzlingen umbenannt während der Bezirk Tobel bereits 1871 neu den Namen Münchwilen erhielt. Seit dem 1. Januar 2011 zählt der Thurgau nur noch fünf Bezirke: Arbon, Frauenfeld, Kreuzlingen, Münchwilen und Weinfelden.

Neben den üblichen Aufgaben einer Kanzlei wie die Führung der Korrespondenz und Protokollierung von Sitzungen übernahmen die Bezirkskanzleien weitere Publikumsaufgaben. Dabei handelte es sich vor allem um Aufgaben im Bereich des Fertigungswesens wie das Aufsetzen und Beglaubigen einer Vielzahl unterschiedlicher Dokumenttypen (Kauf-, Tausch- oder Schuldverträge, aber auch Testamente). Viele dieser Aufgaben übernahmen ab 1849/1850 die neugeschaffenen Kreisnotariate.

Die Datierung des Siegelstempels beruht auf der Einführung der Bezirkseinteilung im Thurgau ab 1831 sowie auf stilistischen Eigenheiten des Stempels, die auf eine Herstellung vor 1850 verweisen.
1831–1850
L. 5.6, B. 2.6, H. 2.3 cm
Eisen, gegossen, geschmiedet, graviert, poliert
Mc 107
Dekret, enthaltend die Instruktion für die Bezirkskanzleien, und das Fertigungs= und Notariatswesen überhaupt, vom 26. Juni 1832, in: Kantonsblatt, enthaltend die seit der Annahme der Verfassung vom Jahr 1831 erlassenen Gesetze, Dekrete und Verordnungen des Grossen und Kleinen Rathes des Eidgenössischen Standes Thurgau, Bd. 1, Frauenfeld 1832, S. 273–294.

Bruno Meyer, Die Bildung des thurgauischen Kantonsgebietes 1798–1800 (Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte Bd. 75, 1938), Frauenfeld 1938, S. 136–141.

Staatsarchiv des Kantons Thurgau, Beständeübersicht, bearbeitet von André Salathé, Frauenfeld 2015, S. 130. https://staatsarchiv.tg.ch/de/recherche/recherche.html/14132.

https://statistik.tg.ch/verzeichnisse/bezirke-und-gemeinden. html/6777, aufgerufen am 23.11.2022.
Schlagwörter: Sphragistik, Kunsthandwerk, Staatliche Institutionen, Kommunikation, Justiz