Schulprämie im Wert eines 7 1/2-Batzen-Stücks der städtischen Schulen in Bern, sogenannter Gärtnerpfennig für die jüngeren Schüler, aus der numismatischen Sammlung der Familie Bachmann, Besitzerin von Schloss Frauenfeld

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Vs.: Umschrift: «RESPUBLICA – BERNENSIS». In doppeltem Linienkreis mit Lilienkrone bekröntes Berner Wappen (heraldisch nach rechts aufwärtsschreitender Bär mit erhobener linker Vordertatze) in geschweifter barocker Kartusche mit Voluten, seitlich flankiert von Palmzweigen (Symbol des Siegs und Friedens).
Rs.: Umschrift: «CULTURA MITESCIT .» (Bildung macht mild). In doppeltem Linienkreis kniender Gärtner nach links, einen Zweig (Edelreis) auf einen schlanken Wurzelstock aufpfropfend, links Körbchen mit weiteren Zweigen, im Abschnitt die Angaben «PR[AE ligiert]M . DILIG .» (Praeium iIligentiae, Belohnung des Fleisses).
Die Darstellung eines Gärtners, der eine Pflanze aufpfropft, ist eine Allegorie für Bildung und intellektuelles Wachstum. Wie der Gärtner mit Geduld und Sorgfalt einen jungen Trieb auf einen kräftigen Stamm setzt, um ihm bessere Entwicklungschancen zu geben, so vermitteln Lehrer Wissen, fördern Talente und stärken die Grundlagen für die persönliche Reifung der Lernenden. Das Aufpfropfen steht symbolisch für das Einfügen neuer Erkenntnisse, die sich mit dem Vorhandenen verbinden und zu etwas Stärkerem und Fruchtbarerem heranwachsen. Die Schulprämie ehrt damit nicht nur Leistung, sondern auch den Prozess der Entwicklung – durch Anleitung, Pflege und Bildung. Das Wort «Cultura» in der Umschrift der Rückseite kann sowohl erzieherisch als «Pflege» oder «Bildung» als auch landwirtschaftlich als «Anbau» verstanden werden.
Seit dem 17. Jh. verbreitete sich in vielen Schweizer Städten der Brauch, einmal pro Jahr – meistens zu Ostern – die besten Schüler mit Preisen zu belohnen. Waren es anfänglich Geldbeträge oder Sachwerte (Bücher, Naturalien), verschenkte man mit der Zeit Medaillen, zumeist aus Silber, die zuweilen dem Wert gängiger Münzen entsprachen. In der Regel wurden solche Medaillen im feierlichen Rahmen an ausgezeichnete Schüler vergeben. Sinn und Zweck dieser Würdigung war die Ermunterung der Schülerschaft zu Höchstleistungen. An manchen Orten hielt sich dieser Brauch mit Unterbrechungen noch bis weit ins 20. Jh. hinein .

Die 1191 durch Herzog Berchtold V. von Zähringen (1186–1218) gegründete Stadt Bern entwickelte sich im Verlauf der Jahrhunderte zum grössten Stadtstaat nördlich der Alpen. Bereits Münzen und Siegel aus der Zeit um 1224 zeigen den Bären als Wappentier, zunächst noch auf allen Vieren laufend. Die älteste überlieferte farbige Darstellung des Berner Wappens mit schwarzem Bären in goldenem Schrägbalken auf rotem Grund findet sich auf einem Setzschild (Schutzschild) aus dem 14. Jh., welcher heute im Historischen Museum Bern aufbewahrt wird.
Wie bei vielen Wappendarstellungen handelt es sich beim Berner Wappen mit dem Bären um ein redendes Wappen, welches Bezug auf den Stadtnamen (Bern = Bären) nimmt. Die bereits im Spätmittelalter verbreitete Gründungslegende, wonach Herzog Berchtold V. von Zähringen die neue Siedlung nach dem ersten vom ihm in der Gegend erlegten Tier, einem Bären, benannte, bleibt eine Erzählung ohne historische Beweise. Wahrscheinlicher ist, dass sich der Name Bern an einem bereits bestehenden Flurnamen orientierte wie etwa dem keltischen Wort «berna» für Kluft/Schlucht. Als Symbol für Kraft und Macht fand der Bär neben Adler und Löwe in mittelalterlichen Wappendarstellungen eine weite Verbreitung.

Marie Elise Bachmann (1879–1955) vermachte 1948 mittels Erbvertrag dem Kanton Thurgau Schloss Frauenfeld samt Hausrat sowie auch die umfangreiche Antiquitätensammlung ihrer Eltern. Ihr Vater Jakob Huldreich Bachmann (1843–1915), Politiker und Jurist, der 1896 Bundesrichter wurde, sammelte unter anderem Glasscheiben, Gemälde, Waffen und Möbel. Ein Sammlungsschwerpunkt waren auch Münzen, von denen er jedoch 1917 einen Teil verkaufte. Nach dem Tod von Marie Elise Bachmann (1955) übernahm der Kanton die Sammlung, die aus mehr als 90 numismatischen Objekten bestand. Das Schloss Frauenfeld wurde später zum Historischen Museum Thurgau umgestaltet.
Hug, Johannes (tätig um 1720–1734), Graveur, Stempelschneider
1726 (oder später, bis 1798)
D. 30.8 mm
Silber, Prägung
T 38147
Albert Meier, Gottfried Häusler, Die Schulprämien der Schweiz, Hilterfingen 1991, Nr. 168.
Schlagwörter: Numismatik, Herrschaft, Bildungswesen, Heraldik, Allegorie, Tier, Botanik, Beruf, Andenken, Erinnerung