Selbstladegewehr der eidgenössischen Fliegertruppe, halbautomatische Einzelfeuerwaffe und Repetiergewehr mit Drehverschluss nach dem System Mondragon, Modell 1917, aus dem Arsenal des Kantonalen Zeughauses Frauenfeld

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Runder Lauf mit vier Zügen, Gasdrucklader mit Kolbenstange und Verschluss mit Drehhülse mit hinterem und vorderem Verschlussnocken, Ladegriff mit Feder, nach hinten aufklappbares Leitervisier. Quer zum Lauf eingeschobenes Dachkorn auf Kornträger, der auf Lauf sitzt. Geschraubtes Hülsenoberband mit regulierbarem Gasventil, Unterband mit Feder- und Riemenhalterung unten, unten am Lauf angelötete Bajonetthaft. Runder Bügel an kurzem angeschraubtem Bügelblatt, hinterer Riemenbügel an angeschraubtem Montageblatt, geschwungener Kolbenabschluss mit Kolbenkappe, feststehendes Kastenmagazin für 20 Patronen in Doppelstreifenladung oder einzelnen Patronen. Vierfünftelschäftung mit Handschutz.
Links auf Höhe des Verschlusses zwei angeschraubte Hülsen für die Arretierung des Hülsenauffangkorbs.

Schläge: Waffennummer «1172» je auf Verschluss, Verschlusshülse, Montageband des Bügels und Gasventil. Auf Verschluss «V» und in Oval «R», Letzteres auch auf Kolbenkappe, auf Verschlusshülse «C», auf Oberband «A». Auf Magazin und Magazinführung die Nummer «72» in Beige (abgekürzte Waffennummer).

Munition: GP 11.
Kaliber: 7.5 mm
Der Mexikaner Manuel Mondragon (1859–1922) war Militäringenieur, Professor an der Militärakademie in Mexiko-Stadt und Artillerie-Kommandant der Häfen am Pazifischen Ozean im Golf von Mexiko. 1888/89 bereiste er Europa und knüpfte Beziehungen zur Schweizer Waffenindustrie. In der Folge entwickelte sich eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Industrie-Gesellschaft (SIG) in Neuhausen (SH), woraus das erste automatische Infanteriegewehr SIG-Mondragon Modell 1892 resultierte. Für diese Waffe konstruierte der Direktor der Munitionsfabrik Thun, Oberst Eduard Rubin, die erste Highspeed-Patrone der Welt. In den Jahren darauf produzierte SIG in Kooperation mit Mondragon weitere Gewehrtypen. 1907 patentierte dieser ein Selbstladegewehr mit bis zu 60 Schuss pro Minute. Die Gewehre wurden für Patronen verschiedener Kaliber, wiederum in Zusammenarbeit mit Oberst Rubin, von SIG entwickelt.
1909 bestellte die mexikanische Armee 4000 Gewehre, stornierte aber die Bestellung, nachdem bereits 1000 Gewehre geliefert waren, wegen Problemen mit untauglicher Munition. Später stellte sich heraus, dass die Mängel mit der fehlerhaften Qualität der mexikanischen Patronen zu tun hatten. Die SIG blieb dennoch auf dem Rest von 3000 Exemplaren sitzen, wovon die deutsche Fliegertruppe 1915 einen grossen Teil übernahm. Auch das Schweizer Militär setzte die Waffe bei den Fliegern ein. 1916 verkaufte die SIG 100 Stück der eidgenössischen Armee. 40 Gewehre dienten den Beobachtern in den zweisitzigen Flugzeugen als Abwehrwaffen, während die Fliegertruppen in Dübendorf (ZH) die übrigen Waffen am Boden verwendeten.

Mit der bundesweiten Betriebszusammenlegung der kantonalen und eidgenössischen Zeughäuser vom 01.01.2003 (Armeereform XXI) ging die Tradition, ausgemusterte Waffen und Ausrüstungsgegenstände im Zeughaus aufzubewahren, zu Ende.
Im Kanton Thurgau kamen ca. 5000 Zeughaus-Objekte zusammen, die eine Sammlung von kantonaler Bedeutung bilden. Die ältesten Stücke gehen ins 18. Jhs. zurück, die Mehrheit der dort gesammelten Militaria stammt aus der Zeit von 1850 bis in die Gegenwart. Dazu gehören Waffen, Uniformen und Gegenstände der persönlichen Ausrüstung, Geschütze sowie Zeugen des Kadettenwesens.
SIG (Schweizerische Industrie-Gesellschaft), Hersteller von Waffen, Automobilen und Waggons, gegründet 1853 in Neuhausen (SH)
1908/1917
L. 115.5 cm, Lauf L. 63.5 cm
Stahl, Eisen, Nussbaumholz
T 40223
Christian Reinhart, Michael am Rhyn, Automatenwaffen –Maschinenpistolen, Selbstladegewehre (Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, Band 13), Dietikon-Zürich 1972, S. 67–69.

Werner A. Bürli, Flugzeugbewaffnung, Die Schusswaffen der Schweizerischen Militärflugzeuge (Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, Bd. 1), Dietikon-Zürich 1994, S. 14–20.

Ernst Grenacher, Schweizer Militärgewehre Hinterladung 1860–1990, 2015, S. 549–554, 562–563
Schlagwörter: Militaria, Waffen, Industrie