Siegel: Roter Siegelabdruck des runden Siegelstempels (Petschaft) vom ersten St. Galler Kantonssiegel, in gedrechselter Holzdose an tordierten Garnfäden in den Kantonsfarben Grün und Weiss

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Vs.: «RESPUBLICA HELVETIORUM FOEDERATA», tingierter (schraffierter) St. Galler Wappenschild (silbernes Liktorenbündel mit breitem grünem Band und silbernem Beil auf grünem Grund) zwischen zwei gekreuzten Lorbeerzweigen, darunter «PAGUS SANGALLENSIS». Aussen Kreislinie.
Rs.: Gedrechselte runde Holzdose mit Schraubgewinde und rundem Deckel. Dosenboden und Deckel jeweils in der Mitte mit je einem konzentrischen Kreismuster verziert, aussen jeweils profilierter Perlreif. Tordierte Garnfäden in den Kantonsfarben durch seitliche Öffnungen in der Wandung gezogen und jeweils miteinander verknotet.
Wie der Kanton Thurgau verdankt der Kanton St. Gallen seine Entstehung der Mediationsakte vom 19. Februar 1803. Sofort musste dem Landammann der Schweiz ein Wappen des neuen Staatswesens zur Annahme übersandt werden. Da der Kanton St. Gallen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Territorien zusammengesetzt worden war, welche in den meisten Fällen kaum historische Gemeinsamkeiten aufweisen konnten, entschied man sich anstelle des Rückgriffs auf ein bestehendes Wappen eines dieser Territorien zugunsten eines neuen Kantonswappens. Als Grundfarben wurden Weiss (Silber) und Grün gewählt. Das Grün als Symbol der Freiheit erfreute sich auch bei anderen neugeschaffenen Kantonen Thurgau und Waadt grosser Beliebtheit. Die Einheit und die republikanische Gesinnung des neuen Kantons sollten durch die Wahl des Liktorenbündels als Sinnbild der römischen Republik und als Zeichen der Einheit deutlich zu Tage treten, indem acht zusammengebundene Stäbe die damaligen acht Distrikte des neuen Kantons symbolisieren. Das Beil als Teil des Liktorenbündels sollte als Rechtssymbol die Unabhängigkeit des neuen Kantons versinnbildlichen.
Gerade die Ausrichtung der Beilklinge gab jedoch in den kommenden Jahrzehnten immer wieder Anlass zu heftigen Diskussionen, da sie den heraldischen Regeln widerspricht. Im Gegensatz zur Darstellung auf diesem Siegel führt das heutige St. Galler Kantonswappen die heraldisch korrekte Ausrichtung der Beilklinge nach rechts (vom Betrachter gesehen nach links).

In der Heraldik bezeichnet der Terminus Tingierung das Verfahren mittels Schraffuren oder Punktierungen die Wappenfarben bei farblosen Wappendarstellungen anzuzeigen. Die heute gültigen Regeln setzten sich jedoch erst im Laufe des 17. Jhs. durch, sodass zum Teil bei tingierten Wappendarstellungen aus dieser Zeit noch Abweichungen von den heutigen Regeln vorkommen können.

Der Siegelabdruck wurde nachträglich von einer Urkunde abgeschnitten und in eine eigens dafür hergestellte Büchse gelegt.
19. Jh./nach 1803
H. 1.3, D.6.9 cm
Siegellack, Abdruck; Holz, gedrechselt; Garnfäden, gezwirnt, gefärbt und tordiert
T 26697
Hans-Reinhard von Fels, Das Wappen des Kantons St. Gallen, in: Schweizerisches Archiv für Heraldik, Bd. 64, 1950, S. 32–39.
Schlagwörter: Sphragistik, Staatliche Institutionen, Kommunikation, Justiz, Heraldik