Steinschlossgewehr der Infanterie, nach der kantonalen oder der fürstäbtischen St. Galler Ordonnanz, mit nummergleichem Stichbajonett

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Gebaut mit einem Schloss aus dem Anfang des 18. Jhs.

Runder glatter Lauf, hinteres Laufdrittel oktogonal. Ab Schaftansatz mit flachem Grat bis zum Korn. Nocken für Bajonett ist zugleich Korn. Gerundete Schlossplatte und gerundeter S-förmiger Hahn mit birnenförmigem Schraubenkopf. Batteriefeder mit blattförmiger Verlängerung. Eisengarnitur mit drei, vorne auskragenden und mit Querrillen versehenen Ladestockpfeifen, Abzugsbügel mit spitz zulaufenden Bügelblattenden, S-förmiger Seitenplatte und Kolbenkappe. Stiftbefestigung des Laufs. Schaftmündung mit Band aus Messing. Hölzerner Laufpfropfen mit Lederstreifen (Wasserschutz). Zwei Bügel für den Tragriemen. Stahlladestock mit kegelstumpfförmigem Kopf. Vollschaft mit langem Hals, gekehltem Hinterschaft und Kolben mit geradem Abschluss.
Auf Schlossplatte Gravur aus Bär mit vermutlich Brotstück auf seiner Nase. Neben ihm ein Baumstumpf.
Tüllenbajonett mit dreikantiger Klinge.

Schläge: Auf Lauf Waffennummer «267» sowie weitere Punzen, die unter dem Schaft grösstenteils verdeckt sind. Schlossplatte mit Marke vom Büchsenmacher Johann(es) Kaelli «IK», darüber Zweig mit drei Blättern und aufrecht stehender Bär für St. Gallen. (Nur erkennbar bei Demontage). Nummergleiches Bajonett «267».
Das St. Galler Militär bestand vor der Kantonsgründung 1803 aus Truppen der Stadt St. Gallen und des Fürstabts. Beide delegierten 1792 im Zuge des Ersten Koalitionskriegs (1792–1797), der von verbündeten europäischen Mächten gegen Napoleon I. ausgetragen wurde, Truppenkontingente zur Grenzbesetzung nach Basel. Die Bewaffnung beider Einheiten war identisch. Die Stadt St. Gallen stellte 25, der Abt 125 Mann. Beide Korps gehörten zum ersten Bataillon der aus zwei Bataillonen zu je sieben Kompanien eingeteilten Hilfstruppen. Die Mobilisation dauerte bis 1796. Gewehre wie das Vorliegende kamen bei diesem Manöver zum Einsatz.

Der gravierte Bär auf der Schlossplatte ist sowohl ein Wahrzeichen der Stadt wie auch der Fürstabtei St. Gallen. Beide führen das aufrecht stehende und heraldisch nach rechts schreitende Tier in ihrem Wappen. Allerdings trägt nur der Bär der Stadt St. Gallen ein Halsband, was beim hier abgebildeten Exemplar der Fall ist.
Die Ursprünge des Wappentiers gehen auf den hl. Gallus zurück, welcher der Schutzpatron und Gründer der Stadt St. Gallen ist. Gemäss seiner Legende soll er einen Bären mit Brot belohnt haben, nachdem dieser auf Befehl des Heiligen Holz für das Feuer herbeitragen hatte. Das runde Stück auf der Nase des Bären könnte daher ein Brotlaib sein. Der abgebildete Baumstrunk wiederum kann heraldisch gedeutet werden, da das Wappen der Fürstabtei teilweise einen Baumstamm zeigt.
Kaelli, Johannes, Büchsenmacher in St. Gallen
um 1750–1760
L. 145 cm, Lauf L. 105.3 cm
Stahl, Eisen, Messing, Nussbaumholz, Leder
Wg 504
Roland Petitmermet, Die Grenzbesetzung von 1792, in: Schweizer Soldat, Monatszeitschrift für Armee und Kader mit FHD-Zeitung, Nr. 42, 1966–1967, S. 293–295.

Hugo Schneider, Schweizer Waffenschmiede vom 15. bis 20. Jahrhundert, Zürich 1976, S. 157.
Schlagwörter: Militaria, Kirche, Waffen, Ereignis, Religion, Tier