Verwaltungsstempel: Querovaler Tintenstempel der «Grenzstation Frauenfeld», mit Holzgriff

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Vs.: «GRA[Ä?]NZSTATION FRAUENFELD», spiegelverkehrt, Feld leer.
Rs.: Gedrechselter pilzförmiger Holzgriff, mit weit ausladendem Knauf mit drei Zierrillen, auf ovalem, abgesetztem Fuss, Stempelplatte an ovale Eisenplatte gelötet, welche am Holzgriff angebracht ist.
Starke, nachträgliche Einkerbung am Schirm zur Ausrichtung des Stempels.
Am 28. August 1822 beschloss die eidgenössische Tagsatzung aufgrund unbefriedigender Handelsverhältnisse mit dem Königreich Frankreich massive Einfuhrzölle auf französische Waren zu erheben. Diese Retorsionsmassnahmen wurden aber nur etwa von der Hälfte der Kantone umgesetzt. Zu den ratifizierenden Kantonen gehörte der Thurgau, welcher die erhöhten Einfuhrzölle auf französische Waren auf den 1. Januar 1823 in Kraft setzte. Für französische Transitwaren musste eine Kaution hinterlegt werden, die bei der Ausfuhr der Waren aus dem Konkordatsgebiet zurückerstattet wurde. Schweizer Güter aus nicht am Zollkonkordat teilnehmenden Kantonen mussten zwar ebenfalls verzollt werden, waren aber aufgrund der Herkunftsbestätigung von Zollabgaben befreit. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Zollstationen richtete die Behörde 1823 in Frauenfeld und Aadorf neue Grenzstationen ein, in welchen Güter aus dem Kanton Zürich, welcher nicht an den Retorsionsmassnahmen teilnahm, verzollt werden konnten. Das Zollkonkordat blieb knapp zwei Jahre bestehend. Nachdem Luzern und Uri im Herbst 1823 aus dem Konkordat ausgetreten waren, wurde es auf den 1. Oktober 1824 endgültig aufgehoben.

Der vorliegende Tintenstempel lässt sich aufgrund eines Eintrags in der Staatsrechnung des Kantons Thurgau von 1823 datieren. Darin wird ein Ausgabenposten von 52 Gulden für die Anschaffung von «... 13 Siegel für die Gränzstationen, zum Behuf der Vollziehung des Retorsions Concordates, ...» verzeichnet. Als Hersteller wird der Graveur Hanhart von Diessenhofen genannt.
Obwohl in der Staatsrechnung von Siegeln die Rede ist, muss der Graveur Hanhart aufgrund des niedrigen Stückpreises von 4 Gulden eher Tintenstempel als Siegelstempel geliefert haben. Dazu gehörte wohl auch der vorliegende Tintenstempel der Grenzstation Frauenfeld.
1823
L. 7.8, B. 3.5, H. 2.3 cm
Messing, graviert, vergoldet; Eisen; Zwetschge, gedrechselt
Mc 141
Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben des Kleinen Raths des Cantons Thurgau pro 1823 (Staatsrechnung), Staatsarchiv Thurgau (StATG) 4'305'20, S. 127.

Hermann Jezler, Zölle und Weggelder im Thurgau von der Helvetik bis zum Bundesstaat (Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Heft 113, 1976), Frauenfeld 1977, S. 5–94, bes. S. 83–84.
Schlagwörter: Sphragistik, Staatliche Institutionen, Kommunikation, Justiz, Zoll