Zwei Armbänder aus geflochtenem braunem Haar, aus der Familie Maag

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Zwei Bänder aus verschiedenen identischen Flach- und Kordelgeflechten, mit unterschiedlichem Durchmesser. Geschweifte kastenförmige, mit floralem Dekor und Schnäpper versehene Fassung. Auf der Rückseite der Mittelteile je ein graviertes Monogramm «LM» (auf dem schmaleren Band) und «IM» (auf dem breiterem Band). Das «M» verweist auf die Familie Maag in Frauenfeld, von der die Bänder stammen.

Aufgrund der unterschiedlichen Länge konnten die Bänder an einem Handgelenk zusammen getragen werden.
Verwendet wurden Haare von zwei Personen, da die Bänder zwei verschiedene, nur wenig voneinander abweichende Brauntöne aufweisen. Die Haare des schmaleren Bandes sind etwas heller.
Dem menschlichen Kopfhaar wird seit der Antike magische Bedeutung zugemessen. Als Ausdruck von Vitalität verkörpert es die Lebenskraft und die Seele der Person, die es trägt. Eine Haarsträhne oder eine Locke war daher ein wertvolles einzigartiges persönliches Andenken an eine geliebte Person und stand stellvertretend für diesen nicht mehr anwesenden Menschen. Daher eignete sich menschliches Haupthaar ausgezeichnet für die Herstellung von kunstvoll gestaltetem Schmuck wie Ohrhänger, Hals- und Uhrenketten, Armbänder und Vorstecknadeln. Solche aus Haaren angefertigten persönlichen Accessoires wurden erstmals im Barock angefertigt, als Massenphänomen erlebten diese Stücke ihre Blütezeit im Biedermeier im 19. Jh., als in den skandinavischen Ländern, im Deutschen Reich, in der Habsburger Monarchie und der Eidgenossenschaft ein eigentlicher Boom nach dem zierlichen künstlerisch und kunsthandwerklich exklusiven Schmuck ausbrach. In der Schweiz war es insbesondere die Ostschweiz, wo die Kunst gepflegt wurde, aus geflochtenem, gewebtem und geklöppeltem Haar emotional aufgeladene Erinnerungsstücke an verstorbene und lebende Personen herzustellen. Das zu Lebzeiten bei Seite gelegte Haar wurde aufgrund des Todes einer Person oder anlässlich eines freudigen Ereignisses wie einer Verlobung einem Fachmann übergeben, der daraus das gewünschte Exemplar anfertigte. Frauen arbeiteten zwar zahlreich in diesem florierenden Kunsthandwerk mit, allerdings in der Regel im Hintergrund als Angestellte. In auf Haarschmuck spezialisierten Schmuckgeschäften konnten die Kunden und Kundinnen anhand von Mustertafeln die in der Regel aus Walzgold angefertigten metallenen Teile und die Verarbeitungsart ihrer Haare auswählen. Bekannte Grössen auf diesem Markt waren Johann Jakob Rohner, der in Herisau ein Geschäft betrieb, sowie der Winterthurer Heinrich Etter. Zwar handelt es sich, was die Werkstoffe Haar und Walzgolddoublé (eine Goldlegierungsauflage auf unedlem Metall wie Kupfer) anbelangt, um günstigen Modeschmuck, der jedoch ebenso von den wohlhabenden Schichten getragen wurde.
2. Hälfte 19. Jh.
D. 5.5, B. 2.5 cm, D. 6, B. 2.5
Haar aus zwei verschiedenen Brauntönen, verarbeitet zu Flachband- und Kordelgeflechten, zusammengenäht mit Echthaar; Fassung aus Kupferblech, vergoldet (Walzgold), ziseliert
T 2591
Gisela Zick, Gedenke mein. Freundschafts- und Memorialschmuck 1770–1870, Dortmund 1980.

Johannes Schläpfer, Schmuck aus Haar, Lege zwei über drei, zwei über eins, drei über vier, Schwellbrunn 2021.
Schlagwörter: Hauswirtschaft, Persönliche Accessoires, Schmuck, Kunsthandwerk