Petschaft: Ovaler Siegelstempel des Distriktsgerichts Tobel, mit Handhabe

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Vs.: «HELVETISCHE REPUBLICK.», spiegelverkehrt, Wilhelm Tell in «altschweizerisch-vaterländischer Tracht» (Söldnerkleidung mit geschlitzten Beinkleidern und geschlitztem Wams) mit Federhut, Schwert und Köcher nimmt seinen Sohn Walter in die Arme, der den mit einem Pfeil durchschossenen Apfel in die Höhe hält, daneben Armbrust an Baumstumpf mit frisch austreibendem Eichenzweig gelehnt, darunter zweizeiliger Schriftzug: «DISTRICT GERICHT / TOBEL», spiegelverkehrt. Aussen ovale Rahmung.
Rs.: Handhabe aus einem hohen, zylinderförmigen hölzernen Griff, welcher unten in ein Schraubgewinde übergeht, an welchem die ovale Siegelplatte aus Kupfer mittels eines Dorns befestigt ist. Die Handhabe ist der obere Teil einer Aufbewahrungsdose, dessen unterer Teil fehlt. Oben am Griff nachträglich angebrachte, kleine Einkerbung zur Ausrichtung der Siegelplatte beim Siegeln.

(Zur Darstellung Wilhelm Tells zur Zeit der Helvetik vgl. Balázs Kapossy).
Mit der Helvetik (1798–1803) wurde das Schweizer Staatsgebiet in Kantone eingeteilt und diese wiederum in Distrikte als innerkantonale territoriale Verwaltungseinheiten gegliedert. Der Kanton Thurgau bestand aus sieben Distrikten: Arbon, Bischofszell, Gottlieben, Frauenfeld, Steckborn, Tobel und Weinfelden. Mit dem am 6. Juni 1800 erfolgten Anschluss des ehemaligen Schaffhauser Distrikts Diessenhofen an den Kanton Thurgau erhöhte sich die Zahl auf acht. Die territoriale Gliederung blieb bis 2011 bestehen, einzig der Begriff «Distrikt» wurde 1814 in «Oberamt» und 1831 in «Bezirk» umbenannt. 1871 wechselte der Bezirk Tobel seinen Namen und heisst seither Münchwilen.
Ein Distriktsgericht, bestehend aus neun von Wahlmännern gewählten Richtern und dem Präsidenten, welcher vom Regierungsstatthalter ernannt wurde, urteilte in erster Instanz über Zivil- und Strafsachen.
Aberli, Johann (1774–1851), Medailleur, Steinschneider und Petschaftstecher in Winterthur
1798–1803
L. 6.5, B. 3.1, H. 3.3 cm
Kupfer, graviert, punziert, geschnitten, gelötet; Buchsbaumwurzelmaser, gedrechselt
Mc 97
Benedikt Zäch, Zwei Winterthurer Medailleure: Johann (1774–1851) und Friedrich Aberli (1800–1872), in: Schweizer Münzblätter, Bd. 46, 1996, S. 124–136.

Samuel Netzer, Diessenhofen in der Helvetik 1798–1803 (Diessenhofener Beiträge zur Geschichte und Kultur, Bd. 1), Diessenhofen 1998, S. 59.

Balázs Kapossy, 2.33 Freiheitsheld als liebevoller Vater, in: Zwischen Entsetzen und Frohlocken, Vom Ancien Régime zum Bundesstaat 1798–1848, Ausstellungskatalog, Bernisches Historisches Museum, Bern 1998, S. 91.

André Salathé, 4.2. Die Helvetik im Thurgau 1798–1803, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.05.2017. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007393/2017-05-22/, aufgerufen am 24.08.2022.
Schlagwörter: Sphragistik, Kunsthandwerk, Staatliche Institutionen, Kommunikation, Justiz, Geschichte