Grafik: Kleines Andachtsbild mit der Darstellung der Einsiedler Madonna

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 Vorderseite  Rückseite
 Vorderseite

Vorderseite

Private Devotionalie der Volksfrömmigkeit aus der Sammlung im Pfarrhaus Mammern.

In einem aufgeklebten, hochovalen Medaillon Maria, umgeben von Wolken. Unter ihr die Klosteranlage Einsiedeln. Darunter in Blau: «St. Maria Einsiedeln.» Bildunterschrift: «O Maria, bitt für uns!»
Über dem Medaillon weisse Lilien (Symbol der Reinheit in Anlehnung an Maria), darunter Vergissmeinnicht (Symbol der Liebe und Freundschaft).

Rückseite mit Gebet an die Muttergottes in Reimform:
«Verlass uns, o Mutter nicht,
wenn unser Aug' im Tode bricht!
Hilf, dass wir christlich sterben,
die Seligkeit des Himmels erben.
Führ uns an Deiner Mutterhand
aus Todesnacht in's Sternenland.
Durch Jesu, Deines Sohnes, Leiden
erbitte uns die ew'gen Freuden.
Kommt uns're Seele zum Gericht,
verlasse sie, o Mutter, nicht;
hilf ihr. Verzeihung, Gnade, finden
für alle tief bereuten Sünden,
dass sie nach diesem Erdenstreit
erlangt des Himmels Seligkeit.»

Darunter der Vermerk zur Druckerlaubnis und Angaben zum Hersteller: «Mit erzb Approbation. Ars Catholica»
Andachtsbilder mit dem Gnadenbild der Einsiedler Madonna entstanden in Anlehnung an die gleichnamige Skulptur in der Klosterkirche Einsiedeln.
Die Statue im weichen Stil der Spätgotik wurde zwischen 1440 und 1465 im süddeutschen Raum geschaffen, vermutlich im Umkreis von Hans Multscher.
Die 117 cm hohe schlanke, leicht nach links gebogene Marienfigur aus Lindenholz mit dem Jesuskind auf dem linken Arm und einem Zepter in der rechten Hand trägt eine Bügelkrone. Das bekrönte Jesuskind hält mit der linken Hand einen Vogel und erteilt mit der Rechten den Segen.
Das schwarze Antlitz und die schwarzen Hände der Madonna, wie auch das Inkarnat vom Jesuskind, waren ursprünglich gefasst. Durch den Rauch und den Russ der Kerzen und Öllampen, welche stets in der engen Heiligen Kapelle brannten, verfärbte sich die Skulptur silberschwarz. Schon im 17. Jh. sprach man von der «Schwarzen Madonna von Einsiedeln».
Aufgrund der Kriegswirren 1798 wurde die Statue evakuiert und gelangte in die Propstei St. Gerold im österreichischen Vorarlberg, wo sie der Fass- und Ziermaler Johann Adam Fuetscher schwarz bemalte.
Seit 1803 steht die Schwarze Madonna wieder in der Gnadenkapelle in Einsiedeln.

Bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil 1963 war die Herausgabe «Kleiner Andachtsbilder» der kirchlichen Zensurstelle, das heisst dem Bischof oder dem Generalvikar des Bistums unterstellt, welcher die Druckerlaubnis für die Blätter erteilen musste, bevor sie in den Verkauf gelangen konnten. Psychologische und sexuelle Themen sowie Darstellungen von Eheproblemen waren nicht erlaubt.

Die kleinformatigen Blätter mit magischer Heils- und Gnadenwirksamkeit dienten als Einlagen in Gebets- und Gesangsbücher, wurden in Koffer, Schränke und an Wände geklebt oder gar ins Grab gelegt. Als Amulett trug der gläubige Mensch die Bildchen zum Schutz vor bösen Kräften am Körper oder legte sie kranken Körperstellen auf.

1910–1920
H. 8.1, B. 4.3 cm
Chromolithografie (Blumen), Buchdruck (Schrift) auf einseitig gestrichenem Papier, Vorderseite mit aufgeklebter chromolithografierter Oblate (Glanz- oder Lackbild) mit Goldschaum
T 30329
Das kleine Andachtsbild, Katalog der Ausstellung im Hamaland-Museum in Vreden 1982, im Niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer 1982, in der Galerie der Stadt Bocholt 1983, Straelen 1982.

Christina Pieske, Das ABC des Luxuspapiers, Herstellung, Verbreitung und Gebrauch 1860 bis 1930, Berlin 1983, S. 189–192.
Schlagwörter: Druckgrafik, Kunsthandwerk, Hauswirtschaft, Religion katholisch, Brauchtum, Kirche, Kloster